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Philon: Ueber die Cherubim (De Cherubim) übersetzt von Leopold Cohn

vor allen Freiern von ihr vorgezogen wird. 47 Ebenso wird, nachdem der allweise Isaak Gott angefleht hatte, Rebekka, die beharrende Tugend, von dem Angeflehten (Gott) schwanger (1 Mos. 25,21). Ohne Flehen und Bitten nimmt Moses die geflügelte und hochstrebende Tugend, Zippora, und findet sie schwanger, keinesfalls von einem Sterblichen (2 Mos. 2,22). 48 (14.) Diese Lehren, o ihr Eingeweihten, die ihr reinen Ohres seid, nehmet als wirklich heilige Geheimnisse in eure Seelen auf und plaudert sie keinem der Uneingeweihten aus, sondern bewahret und hütet sie bei euch als einen Schatz, in dem nicht Gold und Silber, vergängliche Dinge, ruhen, sondern von allen Besitztümern das schönste, die Erkenntnis von dem Urheber (des Alls) und von der Tugend und drittens von dem Sprössling beider. Wenn ihr aber einem der Eingeweihten begegnet, so haltet euch an ihn und bittet ihn dringend, dass er, wenn er eine neue Geheimlehre kennt, sie euch nicht verberge, bis ihr klar darüber belehrt seid. 49 Denn auch ich, der ich durch den Gottesfreund Moses in die grossen Geheimlehren[1] eingeweiht war, habe dennoch, als ich nachher den Propheten Jeremias kennen [p. 148 M.] lernte und erkannte, dass er nicht bloss ein Eingeweihter, sondern auch ein bedeutender Hierophant ist, kein Bedenken getragen zu ihm in die Schule zu gehen. Er aber, der ja die meisten Aussprüche in göttlicher Begeisterung tut, verkündet einen Spruch im Namen Gottes, der sich an die ganz friedliche Tugend wendet mit den Worten: „hast du mich nicht Haus genannt und Vater und Mann deiner Jungfräulichkeit“ (Jerem. 3,4)[2]. Ganz deutlich lehrt er uns damit, dass Gott sowohl ein Haus ist, nämlich die unkörperliche Stätte unkörperlicher Ideen[3],


  1. Bei den eleusinischen Mysterien wurden die kleinen, die im Februar, und die grossen, die im September gefeiert wurden, unterschieden. Die kleinen Mysterien waren, wie es scheint, eine Vorbereitung zu den grossen. Philo spricht hier im übertragenen Sinne von den grossen Mysterien (der Gotteserkenntnis), in die er durch die fünf Bücher Mosis eingeweiht sei.
  2. Die Uebersetzung der LXX weicht hier von dem hebräischen Urtext, stark ab. אלוף wird mit ἀρχηγόν übersetzt Für ἀρχηγόν hat Philo ἄνδρα, was absichtliche Aenderung zu sein scheint (mit Rücksicht auf V. 1 ישלח איש את־אשתו‎).
  3. Gott, der Urquell alles Seins, ist auch der Urquell der (platonisehen) Ideen; die Leiden sind nur Gedanken des Schöpfers.
Empfohlene Zitierweise:
: Ueber die Cherubim (De Cherubim) übersetzt von Leopold Cohn. Breslau: H. & M. Marcus, 1919, Seite 184. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhilonCherGermanCohn.djvu/018&oldid=- (Version vom 3.12.2016)