Philon: Ueber die Cherubim (De Cherubim) übersetzt von Leopold Cohn | |
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von) den aus der Erde entstandenen[1] beginnt er uns den ersten Sprössling der Menschen zu schildern, über den er vorher noch nichts gesagt hat; als ob er vorher schon öfter seinen Namen genannt hätte und nicht vielmehr ihn erst jetzt in die Darstellung hineinbrächte, sagt er, dass sie den Kain gebar. Was für einen, o Meister? hast du doch zuvor nicht das geringste über ihn gesagt. 54 Und du kennst doch die rechte Art der Namennennung sehr wohl; denn gleich weiterhin sprichst du von derselben Person und sagst: „Adam erkannte sein Weib Eva, und sie empfing und gebar einen Sohn und nannte seinen Namen Seth“ (1 Mos. 4,25). Also wäre es weit mehr nötig gewesen bei dem Erstgeborenen, mit dem die Fortpflanzung der Menschen begann, die Beschaffenheit des Neugeborenen zuerst anzugeben, dass er nämlich männlich war, und dann erst seinen Namen hinzuzufügen, etwa Kain. 55 Da er indessen nicht aus Unkenntnis der Art, wie man Namen anführen muss, den gewohnten Gebrauch ausser Acht gelassen zu haben scheint, so müssen wir erwägen, aus welchem Grunde er so die Söhne der ersten Menschen genannt hat, mehr in beiläufiger Erwähnung als mit deutlicher Anführung der Namen. Wie mir nach Vermutung scheint, ist die Ursache die folgende. 56 (17.) Die grosse Masse der Menschen gibt gewöhnlich den Dingen Namen, die von den Dingen verschieden sind, so dass die wirklichen Dinge etwas Anderes sind als was ihre Benennungen besagen. Bei Moses dagegen sind die Namengebungen ganz klare Bezeichnungen der Dinge, so dass das Ding selbst notwendig zugleich der Name ist und der Name in keiner Weise verschieden ist von dem Gegenstande, für den er gesetzt ist. Deutlicher wirst du aus der vorliegenden Stelle erkennen, was ich meine. 57 Wenn der Geist in uns, der Adam heissen mag, auf die Sinnlichkeit, die Eva heisst, der die beseelten Wesen ihr Leben zu verdanken scheinen[2], trifft und sich ihr nähert, wenn diese dann wie in einem Netze empfängt und naturgemäss erfasst, was draussen wahrnehmbar ist, nämlich durch die Augen die Farbe, durch die Ohren den Ton, durch
: Ueber die Cherubim (De Cherubim) übersetzt von Leopold Cohn. Breslau: H. & M. Marcus, 1919, Seite 186. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhilonCherGermanCohn.djvu/020&oldid=- (Version vom 3.12.2016)