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Philon: Ueber die Tugenden (De virtutibus) übersetzt von Leopold Cohn

In den vier Büchern über die Einzelgesetze hatte Philo bei jedem der zehn Gebote die Vorschriften der Mosaischen Gesetzgebung erörtert, die unter das betreffende Gebot zu fallen und zu ihm zu gehören schienen. Es blieben aber Bestimmungen übrig, die nicht in einer der zehn Rubriken unterzubringen waren, sondern, wie er am Schlusse seiner Ausführungen über die zum zehnten Gebote gehörenden Vorschriften bemerkt (de spec. leg. IV § 133 f.), allgemeinerer Natur sind und mehr unter den Begriff der gemeinnützigen Tugenden fallen, zu deren Ausübung allerdings sämtliche Gebote anleiten wollen. Philo hat es daher für angemessen erachtet, in einem Anhang zum vierten Buch über die Einzelgesetze (§ 136-238) speziell über die Gerechtigkeit zu handeln und die darauf bezüglichen Vorschriften zu erörtern. Einen weiteren Anhang bildet das vorliegende Buch „über die Tugenden“, dass sich unmittelbar an den Abschnitt über die Gerechtigkeit anschliesst, wie aus den ersten Worten klar hervorgeht. Der Titel des Buches lautet bei Eusebius und in der ältesten Philohandschrift: „Ueber die drei Tugenden, die mit anderen Moses geschildert hat (περὶ τριῶν ἀρετῶν ἃς σὺν ἄλλαις ἀνέγραψε Μωυσῆς). Die Handschrift nennt dann weiter im Titel als die drei Tugenden die Tapferkeit, die Menschenliebe und die Reue. Andere Handschriften lassen die Zahl drei im Titel aus und nennen vier Tugenden: die Tapferkeit, die Frömmigkeit, die Menschenliebe und die Reue. Der Abschnitt über die Frömmigkeit fehlt in dem erhaltenen Buche und muss, wenn er je vorhanden war, frühzeitig verloren gegangen sein, da er in dem von Clemens Alexandrinus benutzten Exemplar schon nicht mehr enthalten war. Abgesehen von dem überlieferten Titel scheinen aber auch die Worte § 51 τὴν δ’ εὐσεβείας συγγενεστάτην ... ἑξῆς ἐπισκεπτέον φιλανθρωπίαν darauf hinzudeuten, dass dem Kapitel über die Menschenliebe (περὶ φιλανθρωπίας) ursprünglich nicht das Kapitel über die Tapferkeit (περὶ ἀνδρείας), sondern ein Abschnitt über die Frömmigkeit (περὶ εὐσεβείας) vorausging; es werden auch einige Bruchstücke aus einem Buche Philos περὶ εὐσεβείας zitiert. Durch das ursprüngliche Vorhandensein eines Abschnitts unter diesem Titel würde die Dreizahl der Tugenden in dem von den ältesten Zeugen überlieferten Titel des Buches am besten

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Philon: Ueber die Tugenden (De virtutibus) übersetzt von Leopold Cohn. Breslau: H. & M. Marcus, 1910, Seite 315. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhilonVirtGermanCohn.djvu/003&oldid=- (Version vom 12.9.2023)