Man befand sich hier unter freiem Himmel. Allzulange Verhandlungen waren daher in der spätern Zeit hier gewiß nicht mehr zu erwarten. Die Hauptsache war wohl die Namensnennung des Kaisers vor dem Volke.
Dies alles war aber erst so Sitte geworden, als die alten Zeiten des deutschen Königstumes schon vorüber waren. Der Königstuhl ist älter als die vier Burgen, die ihn umgaben. Auch mögen die vier Burgen vielleicht früher in den Händen ehrenfester, aber schlichter Ritter gewesen sein, welche auf die Königswahl noch keinen Einfluß hatten. Diesen wurden sie wahrscheinlich in den Zeiten des Verfalles und des Handels mit Privilegien, der vor den Kaiserwahlen stattfand, von jenen Kurfürsten abgekauft. Der Stadt Rhense lag es seit alter Zeit ob, den Königstuhl zu erhalten. Sie genoß dafür bedeutende Freiheiten.
Der Königstuhl war aus rheinischem Tuffstein erbaut. Ein Pfeiler aus Tuffstein stand in der Mitte. Acht andere solche Pfeiler bildeten mit ihm eine Halle und trugen ein Gewölbe. Dieses Gewölbe erhob sich achtzehn rheinische Fuß über dem Boden. Oben im Freien war es platt. Eine einfache Brustwehr schützte den freien Raum.
Innerhalb der Brustwehr und doch unter freiem Himmel waren acht Sitze einfach aufgemauert. Sieben waren für die Wähler des Reiches bestimmt und der achte Sitz für den Kaiser.
Vor der Kaiserwahl wurden alle sieben Kurfürsten nach Rhense geladen. Drei von ihnen waren die Gäste jener vier Burgherren am Rhein. Ihr reiches Gefolge stand um den Königstuhl her. In weitem Kreise erfreute sich das Volk an dem Schauspiele.
Über dem Stuhle eines jeden Kurfürsten befand sich sein Wappenschild. Über dem einfachen Sitze des Kaisers erblickte man das Wappen des Reiches.
Trotz des Alters, welches den Wahlen auf dem Königstuhle zugeschrieben wird, wissen wir im einzelnen nur wenig über dieselben.
Nach dem Tode Heinrichs VII. wollten einige Friedrich von Österreich, andere Ludwig von Baiern wählen. Da bildete sich 1338 der Kurverein zu Rhense. Kaiser Ludwig tagte auch damals mit den Kurfürsten auf dem Königstuhle. Aber die Absicht, daß Ludwig zu Gunsten Karls von Böhmen dem Throne entsagen solle, wurde nicht erreicht.
Heinrich Pröhle: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten. Tonger & Greven, Berlin 1886, Seite 120. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Rheinlands_Sagen_und_Geschichten.djvu/131&oldid=- (Version vom 1.8.2018)