Bei der Station Plaidt unweit Andernach liegt die Rauschemühle wie eine schilfbekränzte Wasserfee von Steinriesen umschlungen. Über tausende von abgesprengten schweren Basaltblöcken tanzt, sprudelt und rauscht bei dieser Mühle die Nette einher. In früherer Zeit, als die ganze Gegend noch ein tiefer Wald war, wohnten in dieser Mühle vier geistliche Brüder. Für ein Kloster besorgten sie hier das Mahlgeschäft. Damals war hier schon wie jetzt in den Mühlen ein Glöcklein zu hören, wenn das Korn abgemahlen war. Es ruhte aber ein besonderer Segen auf diesem Glöcklein, denn jeder Mönch, sowie er auf das von der Glocke gegebene Zeichen frisches Korn aufgeschüttet hatte, verrichtete jedesmal auch ein frommes Gebet. Den Segen dieses Glöckleins verspürte einst der Graf von der Laien, der im nahen Saffig seine Burg hatte. Dieser verirrte sich einst auf der Jagd und geriet immer tiefer in den Wald hinein. Ganz ermattet sank er endlich zu Boden. Da hörte er ganz deutlich den schwachen Ton des Glöckleins in der Rauschemühle. Freudig erregt stand er auf und ging dem Klange nach. Mitunter verstummte es wie jede andere Mühlglocke. Aber so oft er vom Wege abkam, war auch das Korn in der Mühle wieder abgelaufen, die Mönche beteten, und der Graf von der Laien schlug
Heinrich Pröhle: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten. Tonger & Greven, Berlin 1886, Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Rheinlands_Sagen_und_Geschichten.djvu/149&oldid=- (Version vom 1.8.2018)