Herr, ich gelüste sie noch zu mehren, indem ich mich unterfange, zum Hochzeitstag Euch, hoher Fürst, in mein Haus zu laden. Euer huldreich Kommen würde erst mein Glück vollkommen machen.
„Dein Sohn, der stolze Knecht“, erwiderte hierauf der Bischof, „ist wie selten Einer aller Ehren wert. Drum werde ich ihm zu Pfingsten Dienstmanns Recht gewähren und an seinem Hochzeitstage mit dem Ritterschlage ihm die höchste Würde verleihen. Ich werde an dem Tage auch Dein Gast sein und mit viel teuren Genossen bei Dir einkehren.“ Da schied ich denn voll Dank von meinem Herrn, und lud darnach die Edlen, die Ritter und Grafen und viele reiche Bürger in mein Haus. In meinem Hofe ließ ich einen weiten Kreis, ringsum mit hohen Sitzen umgeben, herrichten. Hier sollte man zuschauen, wie die Ritter einander im Kampfe maßen.
Nun war der Heiligabend vor Pfingsten da. Mein Sohn ritt vor die Stadt hinaus, um die von fern herkommenden Gäste zu empfangen. Auch der Fürst Bischof kam mit großer Pracht geritten. Die edlen Herren waren uns so wohl gewogen, daß sie einstimmig meinen Sohn Gerhard für würdig erklärten, morgen aus des Bischofs Hand das Schwert des Ritters zu empfangen.
Da führte ich die junge Königin zu meinem Herrn hin, und sie wurde meinem Sohne zur Ehe verlobt. Sie ließ sich willig vom Haupt die Krone nehmen.
Nun ritten die Ritter in den Kreis, um sich in muth’gem Kampf schöner Frauen Gunst zu erwerben. Mein Herr führte Irenen zu ihrem Sitze und nahm an ihrer Rechten Platz. Oft ließ mein Sohn vom Fechten ab, um zu der holden Maid hinzureiten und mit süßen Blicken sie anzuschauen. Oft auch sandte er vom Rosse herab viel Grüße zu ihr hin.
Da begann der Tag zu sinken. Die heilige Nacht zog herab. Wohl sehnte sich mein Sohn danach, bei der wunderschönen Frau zu sein, doch mußte er sich’s versagen, bis er am nächsten Tage mit Ritterspflichten auch Rittersrechte empfing.
Am anderen Morgen erklangen laut vom nahen Dome die Glocken. In königlichem Schmucke kam die Braut zum Gottesamt gegangen. Viel schöne Frauen und Mägdlein, mit glänzendem Geschmeide angethan, folgten
Heinrich Pröhle: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten. Tonger & Greven, Berlin 1886, Seite 229. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Rheinlands_Sagen_und_Geschichten.djvu/241&oldid=- (Version vom 1.8.2018)