auch erst nach einigem Zögern und nicht ohne Verlegenheit. Da eilte Bilhilde zu dem Bischofe und wollte ihm ihre Not klagen. Sie vermutete, daß der Teufel, welcher ihr früher die Herzen ihrer Unterthanen abwendig gemacht hatte, ihr nun auch die Liebe ihrer geistlichen Schwestern entziehen und dieselben zum Ungehorsam gegen sie verleiten wolle. Allein der Bischof hatte zu der nämlichen Zeit denselben Traum gehabt. Nur war ihm deutlich ein Engel erschienen, der ihm klärlich dargelegt hatte, daß während des Kriegsgetümmels Bilhilde’s Taufe von seiner Familie vergessen worden sei. Darauf wurde ein großes Tauffest im Kloster Altmünster zu Mainz angestellt. Der Bischof selbst taufte die fromme Bilhilde. Jene drei Nonnen, welche geträumt hatten, daß ihre Aebtissin eine Heidin sei, standen mit den anderen Nonnen des Klosters bei ihr Gevatter. Das war ein ebenso fröhlicher als heiliger Tag für das Kloster und für ganz Mainz. Von dieser Zeit an strömten alle Kranken nach dem Kloster Altmünster, denn es zeigte sich, daß der Aebtissin Bilhilde bei der Taufe die Gabe, Kranke zu heilen und Wunder zu thun, verliehen war.
Heinrich Pröhle: Rheinlands schönste Sagen und Geschichten. Tonger & Greven, Berlin 1886, Seite 36. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Proehle_Rheinlands_Sagen_und_Geschichten.djvu/45&oldid=- (Version vom 1.8.2018)