Seite:Ramdohr-Venus Urania-Band 1.djvu/172

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Sie können sich einander in weiteren Verhältnissen viel Wonne geben, aber es ist die Wonne des Unisonus, des Einklangs. Rücken sie zu nahe zusammen, so wird der Ton zu rauh. Zwey gleich zarte Personen finden sich in den näheren Verhältnissen der Häuslichkeit gleichfalls nicht glücklich. Der Ton ist zu matt. Auch die Person, deren Begriff Stärke erweckt, die sich selbst stark fühlt, wird mit einer bloß zarten nicht zur Häuslichkeit passen. Ihr Charakter, ihre Stimmung, die gewöhnliche Tonfolge ihrer Gefühle, finden zu starke Disparaten, wenn sie auf einen zu biegsamen Charakter stoßen. Eben dieß ist der Fall mit der bloß zarten Person, in ihren häuslichen Verhältnissen zur blos starken.

Das Wort eines unglücklichen Königs ist bekannt, der zu seiner stets nachgiebigen Gemahlin sagte: haben Sie doch Ein Mahl einen Willen für sich; und eben so bekannt sind die Klagen der sittlichen Weiber des Mittelalters über den störrigen, wilden Charakter der Ritter, ihrer Ehegenossen. Es muß ein Wohlverhältniß von Stärke zur Zartheit seyn, welches das Glück häuslicher Verbindung gründet.

Dreist berufe ich mich darauf, daß selbst da, wo Brüder, Schwestern, Hausgesellschafter von einerley äußerlich anerkanntem Geschlechte, glücklich bey einander wohnen, der eine alle Mahl eine Art von Gattin gegen den Gatten, im moralischen und psychologischen Verstande, vorstellen müsse.

Dieß führt mich dann auf die wahren Gründe der Erscheinung, daß der Trieb zur Häuslichkeit hauptsächlich unter solchen Personen Statt findet, welche nach allen ihren äußern und innern Kennzeichen und nach allen ihren bürgerlichen Verhältnissen in einem verschiedenen