Seite:Ramdohr-Venus Urania-Band 1.djvu/79

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

zeigt die Natur gewisser Geflügel. Der Haushahn ist unstreitig einiger sympathetischen Gefühle, die liebenden Aufwallungen ähneln, gegen die ihm zugelaufenen Weibchen fähig. Er kratzt für sie das Körnchen auf, dessen Genuß er selbst entbehrt, und zu dem er sie herbeylockt. Aber jedes neue Weibchen kann das verlorne ersetzen, wenn der mörderische Stahl die angewöhnte Gattin von seiner Seite gerafft hat.

Wie ähnlich ist die Verschiedenheit der Charakter der Menschen, diesen verschiedenen Anlagen der Thiere! Wie viele giebt es unter ihnen, denen die Natur viel Sympathie, viel allgemeines Wohlwollen ins Herz gelegt hat, und die bey dem stets regen Wunsche, daß Alles froh und zufrieden um sie her sey, sich an keine einzelne bestimmte Person hängen können! Wie viele, die eben so unfähig sind, die stärkeren Pflichten zu erfüllen, welche engere Verbindungen auflegen, als ihre höhern Süßigkeiten zu genießen! Wie wenig beweiset auf der andern Seite die stärkste Anhänglichkeit an eine bestimmte Person für allgemeine Menschenliebe! Man pflegt zu sagen; Allmanns Freund Niemands Freund! Laßt uns mit eben dem Rechte sprechen: Freund der Person, fremd der Art! So selten geht beydes neben einander.


konnte er kein ehrliches Begräbniß erhalten. Man begnügte sich also, ihn an dem Orte, wo er zuerst verscharret gewesen war, tiefer unter die Erde zu bringen. Der Hund war demohngeachtet nicht zu bewegen, die Stelle zu verlassen. Die Einwohner der Stadt wurden durch diese Treue gerührt. Man baute dem Thiere eine kleine Hütte, und brachte ihm täglich seine Nahrung. Der Hund blieb bis an seinen Tod auf der Stelle, welche die theuren Reste seines Herrn in sich faßte.