Seite:Ramdohr-Venus Urania-Band 2.djvu/310

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Siebzehntes Kapitel.
Genuß der Natur und ländlicher Scenen.

Laßt Liebende aus den Mauern der Stadt in die offenen Gefilde eilen! Dort geht erst ihr wirkliches Leben an! Hier schmeicheln sie sich von der ganzen Welt vergessen zu seyn, wie sie diese vergessen. Hier schweigen alle eigennützigen Triebe, hier machen Eitelkeit, und die Lust vor andern zu glänzen, wohlwollenden Neigungen und der Liebe Platz. Hier finden sie alles gepaart, alles vereinigt, vom Thiere an bis zur Pflanze, von dem scheinbar Belebten, bis zum scheinbar Unbelebten! Aufs Land und in Gärten haben alle Dichter die Scenen glücklicher Liebe gelegt. Milton schuf für die ersten Eltern ein Paradies; Tasso zauberische Gärten für Rinald und Armiden, und Rousseau wählte die reitzenden Ufer des Genfersees zum Aufenthalt für St. Preux und Julien.

Milton, Tasso, Rousseau! Es bedarf nicht eurer Zaubergärten, eures Edens, eures Elysiums, um denen, die durch Liebe selig sind, einen angemessenen Wohnort zu bereiten! Eine reinliche Bauerhütte, eine Laube, ein Kornfeld, und darüber weg eine Aussicht auf ein Dorf, neben einem Bach und Hölzchen! Himmel, wie glücklich könnt ihr machen! Ich habe die Ufer des Rheins, der Loire, der Donau und des Genfersees befahren, ich habe den Lago maggiore und den Golfo von Neapel gesehen! Aber ich sahe sie allein, und fühlte erst an der Seite der Geliebten den ganzen Reiz der Natur in einer Heide.

O des Glücks, den geliebten Gegenstand zuerst in das Gütchen zu führen, das von unsern Voreltern auf uns vererbt, der Ort unserer Geburt und unserer Spiele