Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Dritten Theils zweyte Abtheilung | |
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Brief Hoffnungen giebt: sie ist es endlich, die ihrem Gemahl, als sie sich verrathen sieht, ihre Leidenschaft frech gesteht, und ihn sogar verläßt, um mit Tristan in einem doppelten Ehebruche öffentlich zu leben.
Tristan ist das Modell eines vollkommenen Liebhabers nach den Begriffen der damahligen Zeit, d. h. er ist höchst unternehmend zum Ruhm seiner Dame, und zugleich höchst empfindsam (langoureux.) Seine Bekanntschaft mit Yseult fängt damit an, daß diese ihn von seinen Wunden heilt. Inzwischen macht dieß keinen zärtlichen Eindruck auf sein Herz. Erst durch Eifersucht gegen Palamedes, der sich vor ihren Augen auszuzeichnen sucht, wird ihm der bloß eitle Gedanke eingeflößt, ihm den Rang abzugewinnen. [1] Als er gesiegt hat, wird er gefragt, wer den Preis davon getragen hätte? „Die schönste Demoisell, antwortet er, die ich je gesehen habe!“ Als er nachher Irland verlassen muß, vergißt er ihrer bald, wie der Autor sagt, und verliebt sich in die Frau des Segurades, mit der er auch eine sehr materielle Intrigue durchführt. Als er nachher seinem Onkle Marc schwört, daß er ihm die schöne Yseult als Gattin zuführen will, zeigt er keinen Schmerz darüber, sieht sie ohne Gemüthsbewegung wieder, reiset gleichgültig mit ihr ab, und wird nur gemeinschaftlich mit ihr durch einen Liebestrank, den Beyde aus Versehn mit einander leeren, von Liebe entflammt. Der Autor hat durch diese Maschinerie dem Interesse seines Werks unstreitig
- ↑ Son coeur monta en orgueil et en bombant pour la Demoiselle.
Basilius von Ramdohr: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredelung und Verschönerung/Dritten Theils zweyte Abtheilung. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1798, Seite 137. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ramdohr-Venus_Urania-Band_3.2.djvu/137&oldid=- (Version vom 1.8.2018)