Seite:Ramdohr-Venus Urania-Band 3.2.djvu/173

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„Die Schönheit an sich ist nichts Körperliches. Man darf ihren letzten Grund nicht in der Uebereinstimmung der Theile suchen, sondern darin, daß diese Uebereinstimmung ein Abglanz der Einheit Gottes ist. Die Materie sucht sich nach dem Bilde ihres Urhebers einzurichten. Weil ein Körper mehr als der andere von dem Abglanze Gottes enthält, (eben so wie ein Gebäude mehr als das andere den Charakter und den Geist des Baumeisters ausdrückt) so liegt auch darin der Grund, warum ein Mensch besser gefällt, als der andre.

„Die Liebesgötter (amores) sind Mittelgötter, Engel, Dämonen, Diener Gottes und der Ideen, die in dem göttlichen Geiste sind. Der Mensch hat ihrer zwey in sich: einen guten und einen bösen. Dieß sind beständige Grundneigungen, Anlagen zum Wollen und Handeln, vermöge deren der Mensch sich auf der einen Seite zur Beschauung der himmlischen Schönheit, auf der andern zur Begattung hingezogen fühlt. In der Mitte liegen drey veränderliche Stimmungen des Willens, Affektionen, von denen die eine sich mehr dem Vergnügen der Beschauung der himmlischen Schönheit und dem kontemplativen Leben, die andere mehr der Wollust der Berührung, dem grobsinnlichen Leben, nähert. In der Mitte liegt die Stimmung zum aktiven, geselligen Leben, vermöge deren wir uns begnügen am Anblicke der Schönheit, und am Umgange mit ihr Vergnügen zu nehmen, ohne uns zur Betrachtung der himmlischen Schönheit dadurch zu erheben. Alle Liebe wird uns folglich durch das innere oder äußere Auge zugeführt: aber bey dem kontemplativen Menschen steigt sie zu einem Verlangen nach demjenigen, was nur der Verstand genießen und begreifen kann; bey dem wollüstigen sinkt