Seite:Ramdohr-Venus Urania-Band 3.2.djvu/220

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Augen weinten, und hofft, daß ein anderes Klima diese trocknen werde.

Gewiß hat Petrarka seine Phantasie mit vielen Bildern unterhalten, welche der gute Geschmack nicht billigen kann. Aber daneben finden wir auch andere, (und dieser ist gewiß die größte Anzahl,) welche auch die kältesten Seelen zur Bewunderung und zum Antheile an seinen Schönheitsgefühlen einladen, und zugleich einen erhöheten Reitz durch die sympathetischen Züge erhalten, die ihnen beygemischt sind.

Seine Sonnette und Kanzonen sind zu bekannt, als daß ich sie hier anführen sollte. Aber ich kann der Versuchung nicht widerstehen, eine der rührendsten Stellen aus seinem Triomfo della morte auszuheben. Nach diesem Gedichte erschien ihm seine Laura an eben dem Tage, als sie zu einem bessern Leben überging. Sie preiset sich glücklich: sie fängt nunmehro erst an zu leben, und Petrarka ist noch todt, wird todt bleiben, bis die letzte Stunde kommt, die ihn von dieser Erde weghebt. Sie geht eben so gern zum Himmel über, als der Verwiesene, der nach einem langen Elende wieder in sein Vaterland zurückkehrt. Ihr einziger Kummer ist, daß sie den Petrarka zurücklassen muß. – „Ist es möglich? ruft dieser. O sage mir, ich beschwöre dich darum bey der treuen Liebe, die ich so lange für dich gehegt habe, und die dir nicht zweydeutig seyn kann, hast du wirklich Mitleiden mit meiner Marter gehabt? Hab’ ich mich nicht betrogen, wenn ich in deinen Blicken und Worten bey mancher Aeußerung von Strenge auch Güte habe durchblicken sehen, und dadurch lange Jahre in Zweifel über deine wahren Gesinnungen geblieben