Seite:Ramdohr-Venus Urania-Band 3.2.djvu/227

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Dieß erhellet ganz deutlich aus seinen Unterredungen mit dem heiligen Augustin, worin dieser Kirchenvater offenbar die Rolle des bessern Selbstes unsers Petrarka übernimmt. Es erhellet aus seinen Briefen an den Pater Dionysius, und es liegt in den Begriffen seiner Zeit über Tugend und Religiosität.

Schon hier eine auffallende Verschiedenheit vom Plato, nach dessen sittlichen Begriffen die Liebe wirklich ein Weg zur Tugend, und ein Mittel zur Veredlung des Geistes und des Herzens war.

Wir können also bloß die Denkungsart des Petrarka als Dichter mit dem Systeme des Plato vergleichen. Hier fällt es wieder auf, daß die Ideen, welche dieser dem Sokrates in seinem Gastmahle in den Mund legt, mit den Schwärmereyen des Petrarka gar keine Aehnlichkeit haben. Jener Zug zur Urschönheit für ewige Harmonie und Vollkommenheit genommen, aus dem Plato dort den Zug zur Schönheit überhaupt, und weiter hinunter zur Unsterblichkeit, ja! sogar zur physischen Zeugung erklärt, war gewiß für den Petrarka zu abstrakt, als daß er ihm auf die Spur hätte kommen sollen. Auch findet man davon bey genauer Prüfung keine Spur in seinen Schriften. Näher stimmt er mit den Ideen des Plato in seinem Phädrus zusammen, worin dieser die erhaltenen Begierden als ein Mittel zur Begeisterung für das Edle und Schöne, nach den Begriffen seiner Zeit, betrachtet.

Allein die Begeisterung, welche Plato von der Unterjochung der Begierden erwartet, war rüstig, unternehmend, wacker. Hingegen ist diejenige, auf welche Petrarka rechnet, hinschmelzend und träumend. Auch waren sie in ihren Begriffen von der Art der Vereinigung,