Seite:Ramdohr-Venus Urania-Band 3.2.djvu/55

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Es sey wahr, daß deutsche Weiber an der Seite ihrer Männer gestritten, diese, wenn sie flohen, in die Schlacht zurückgetrieben, und gefangen vom Feinde, ihre Unschuld und Freyheit mit Aufopferung des Lebens erkauft haben; finden wir nicht ähnliche Beyspiele von weiblichem Edelmuth unter den Spartanern und andern südlichen Völkern? Es sey wahr, daß Weiber unter unsern Voreltern, den Deutschen, geweissagt, dem Gottesdienste vorgestanden, gerichtliche Händel entschieden, Krankheiten geheilt, Völker regiert haben; finden wir nicht Beweise einer eben so rühmlichen Bestimmung einzelner Weiber bey dem Homer, jenem Dichter, der so oft wegen der Herabwürdigung des zärteren Geschlechts angefeindet ist? Wie viel muß außerdem von der Glaubwürdigkeit der Zeugnisse solcher Schriftsteller abgerechnet werden, die vor ihrer eigenen, in ihren Sitten ausgearteten Nation die benachbarte zum Muster oder zum Vorwurf aufgestellet haben? Wie viel muß von dieser anscheinenden Achtung gegen das weibliche Geschlecht auf Rechnung des Aberglaubens abgesetzt werden, der unter wenig kultivierten Völkern in dem schwächern Wesen, und in seiner reitzbaren Phantasie, die mit der Gottheit vertrautere Seele ahnet[WS 1]!

Die Liebe, wie sie beym Ossian erscheint, ist treu, ist zärtlich bis zur Aufopferung, besonders bey den Weibern. Aber gesetzt, die Gesänge dieses Dichters wären in ihrer ursprünglichen Echtheit bis zu uns gekommen; sollten dann die Penelopen, die Andromachen, die Pantheen, die Thisben, und so viele griechische und asiatische


chez les Gaulois. Warton’s History of Englisch Poetry, Meiners Geschichte des weiblichen Geschlechts, und Mehrere.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: ahndet (siehe Verbesserungen)