Seite:Reymont - Der Vampir.djvu/083

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Schutz zu nehmen, denn er kannte diese Theorien schon längst, und sie langweilten ihn; er sagte also kühl und nur aus Höflichkeit:

„Vielleicht geht es nicht allen nur darum.“

„Ich hatte dabei nicht an Sie gedacht, nein, denn ich kenne Ihre edle, erhabene Denkungsart nur zu gut und schätze sie so hoch, daß ich nicht die geringste Sorge um die Zukunft meiner teuren Betsy habe; ich bin ruhig um ihr Glück.“

Betsy lächelte nur bei dieser ganz unerwarteten Besorgtheit um sie, sie kannte das nur zu gut; Miß Ellen hatte schon die Hand erhoben und den Mund zu einem passenden heiligen Spruch geöffnet, als Dolly sie mit einer energischen Bewegung zurückhielt; sie wollte Zenon von einer anderen Seite attackieren und zur Diskussion zwingen.

„Wie hat Ihnen ‚Ocheta‘ gefallen?“

„Ich kenne dieses Stück nicht, denn ich gehe nie in ein Theater.“

„Was, Sie gehen nie ins Theater?“

„Ja, seit fünf Jahren war ich nicht einziges Mal im Theater.“

„Also besuchen sie wohl nur Konzerte und Opern?“

„Da ich mich selbst ein wenig mit Musik befasse, besuche ich auch Opern nicht; ich gehe grundsätzlich zu keinen öffentlichen Schaustellungen, grundsätzlich.“

„Grundsätzlich? Sie müssen ganz besondere Gründe haben.“

„Die sind sehr einfach und gar nicht ungewöhnlich,“ entgegnete er lächelnd.

Empfohlene Zitierweise:
Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 83. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/083&oldid=- (Version vom 1.8.2018)