Seite:Reymont - Der Vampir.djvu/092

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Draußen war es kalt und dunkel, der Nebel hatte sich gelegt, dafür aber fiel ein feiner, dichter und unangenehmer Regen, den ein eisiger Wind ihnen ins Gesicht peitschte. Es umfing sie eine undurchdringliche Dunkelheit, und als sie auf die sogenannten Eselswiesen herauskamen, versanken sie völlig in der Nacht; nur ganz in der Ferne, durch das Glasgewebe des Regens hindurch, leuchtete schwach eine Reihe Laternen.

Der Schmutz spritzte unter ihren Füßen auf, aber sie beschleunigten ihre Schritte, um möglichst schnell in die Straßen zu gelangen, die schon in der Dunkelheit sichtbar wurden; diese schweigende, düstere Ode erweckte unwillkürlich Angstgefühle.

Die Straßen waren jedoch ebenso düster, – es lag in ihnen die schlafende Stille des Sonntagabends; die Häuser standen in einer toten Reihe da, von Wasser triefend, blind und voll verzweifelter Langeweile, der Regen trommelte auf unsichtbaren Dächern, die Traufen erdröhnten unaufhörlich im scharfen Rhythmus des herunterfallenden Wassers; die seltenen, ein wenig dunkel brennenden Laternen standen wie müde Schildwachen da und warfen gelbliche Ringe auf den schwarzen, nassen Asphalt.

Nirgends war ein Mensch oder eine Droschke zu sehen, noch auch die geringste Bewegung in diesem Meer von Steinen, in dieser Stille der schlafenden Stadt, – nur das stete und schmerzhaft ermüdende Geräusch des unaufhörlichen Regens ließ sich hören, und die widrige Luft bedeckte ihr Gesicht mit einem klebrigen Tau.

Empfohlene Zitierweise:
Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 92. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/092&oldid=- (Version vom 1.8.2018)