Seite:Reymont - Der Vampir.djvu/108

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

sehend werden, in Schmerzen sehend werden! Mag sie die Propheten steinigen, mag sie sich an ihrer eigenen Seele weiden, – so oder so muß sie erlöst werden durch die ganze Kraft unseres Glaubens, unserer Sehnsucht, denn wir werden sie aus den Strudeln erretten, sie aus der Gefangenschaft der Sünde befreien … Unsere Wahrheit wird die Welt erlösen! Doch bis dahin herrscht ‚Jener‘ noch und regiert die Welt, er wohnt in allen Herzen und lauert und führt einen verzweifelten Kampf mit Gott, flüsterte Mr. Smith heiß und erhob sich von seinem Platze.

„Das sind alte, längst verwehte Sagen, längst gestorbene Mumien von Symbolen, die in unserem allernüchternsten Jahrhundert, bei dem allernüchternsten der Völker von den Toten erwachen, – die urewige Sehnsucht der Seelen nach dem Sein, die urewige Angst vor dem Tode …“

„Haben Sie die ‚Enthüllte Isis‘ gelesen?“ fragte Mr. Smith ganz unerwartet.

„Ich habe sie gelesen, oder vielmehr Yoe hat sie mir auseinandergesetzt, und ich bin zu dem Schlusse gekommen, daß die Blawatska eine ganz gewöhnliche, ja sogar ordinäre Betrügerin ist, und ihr Buch ein Wust von Blödsinn und bewußten Lügen, die auf guten Glauben und menschliche Naivetät spekulieren!“

„Das bedeutendste Weib, das das Menschengeschlecht je erzeugt hat, die erste Heilige unserer Kirche; und Sie urteilen über sie wie über eine Straßengauklerin,“ jammerte der gelbe Herr.

„Ich bitte vielmals um Verzeihung. Aber diesen

Empfohlene Zitierweise:
Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/108&oldid=- (Version vom 1.8.2018)