Seite:Reymont - Der Vampir.djvu/205

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von deinen Zauberübungen weiß, könnte ich bald selbst einen Rappel bekommen. Ich bin zwar ziemlich nüchtern und widerstandsfähig, ich fühle aber, dieses mystische Fieber könnte ansteckend sein.“

„Du wirst erliegen, mit aller Sicherheit … Deine Widerstandsfähigkeit wird nichts nützen, Daisys Wille wird sie besiegen … Du wirst erliegen … Deswegen gerade rate ich dir zur Abreise. Zuweilen liegt in der Flucht der größte Sieg. Du weißt, mein Vater und Betsy planen eine Reise auf den Kontinent, fahr mit ihnen. Fliehe dieses Haus, solange es noch Zeit ist! Rette dich,“ bat Yoe inbrünstig und schaute Zenon flehend in die Augen.

„So droht mir also eine so schreckliche Gefahr?“

„Du scherzest, du glaubst es nicht, und ich sage dir: du stehst schon wankend am Abgrund und kannst jeden Augenblick hinunterstürzen.“

„Ich liebe Aphorismen und symbolische Anspielungen, aber ich höre nur auf mich selbst und meinen eigenen Verstand,“ entgegnete Zenon ziemlich kühl.

„Das glaubst du, und doch wirst du dem Geheiß eines mächtigeren Willens folgen.“

„Zum Glück unterliege ich nicht so leicht Suggestionen, und mediumistische Fähigkeiten besitze ich schon ganz und gar nicht.“

„Du bist die größte mediumistische Kraft, die ich kenne.“

Zenon mußte das nicht gehört haben; denn als er das Boarding-House betrat, war er zu sehr mit einer Depesche beschäftigt, die ihm der Portier überreicht hatte.

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Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 205. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/205&oldid=- (Version vom 1.8.2018)