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Seite:Reymont - Der Vampir.djvu/262

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der Menge, so daß er sie vergebens ringsumher suchte.

„Sehn Sie die rothaarige Dame … Dort, dort, an jenem Blumenbeet.“

Er schaute unwillig nach jener Richtung.

„Sie ist schon verschwunden! Ich begegne ihr heute zum drittenmal, sie hat die kleine Wanda so zudringlich angeschaut, daß es mir geradezu aufgefallen ist. Sie ist außerordentlich schön, nur hat sie etwas Furchtbares an sich …“

„Ein Dämon und eine Madonna zugleich!“ flüsterte er unwillkürlich.

„Vielleicht kennen Sie sie?“

„Ich habe sie nur im Vorbeigehen bemerkt, der Vergleich drängte sich einem von selbst auf.“

Sie wünschte von dieser merkwürdigen Unbekannten zu sprechen, doch er redete sich auf eine Angelegenheit aus, die ihm plötzlich eingefallen wäre, und fuhr nach Hause.

Er täuschte sich in seinen Berechnungen nicht, denn er holte Daisy noch im Flur ein.

„Ich war sicher, daß Sie es sind,“ begann er freudig, aber durch ihren lässigen Händedruck abgekühlt, ging er dann schweigend die Stufen hinauf. Er wagte weder zu sprechen, noch sich ihr zu nähern, so sehr versperrten ihm ihre hochmütigen und durchbohrenden Blicke den Weg. Sie musterte ihn so beunruhigend, daß dieses flackernde und faszinierende Leuchten ihn in eine unerklärliche Verwirrung brachte.

„Sind Sie schon lange da?“ wagte er endlich zu fragen.

Empfohlene Zitierweise:
Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 262. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/262&oldid=- (Version vom 1.8.2018)