Seite:Reymont - Der Vampir.djvu/300

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Zenons Augen klammerten sich plötzlich an ihm fest, er hörte aufmerksam zu.

„Sie ist ein Vampir!“ erklärte Mr. Smith mit geheimnisvoll feierlicher Miene. Denn sie nimmt jede beliebige Gestalt an, um ungehindert Seelen rauben zu können … Ja, vielleicht existiert sie als Mensch überhaupt nicht. Vielleicht ist sie nur eine augenblickliche Fleischwerdung ‚Seines Willens‘. Ja, mein Herr, sie ist vielleicht nur sein Schatten, der unsterbliche Schatten des Bösen und der Sünde! … Einsam in der Unendlichkeit, hinabgestoßen auf den Grund ewiger Finsternis, ungebeugt, voll Haß gegen das höchste Licht, streckt er seine Geierkrallen aus nach der Macht über die Welt und schart verirrte, aufrührerische Seelen um sich, um einst an der Spitze dieser Verdammten noch einen, den letzten Kampf mit Gott zu kämpfen! Ich glaube, wenn diese Zeit gekommen ist, wird die ganze Welt in ihren Grundfesten erzittern, die Sterne werden erlöschen, Sonnen und Planeten in Staub zerfallen, und ein unerbittlicher Kampf wird von Ende zu Ende toben! Aber auch daran glaube ich, daß Satan und seine Überhebung zu Staub zermalmt werden! Gott wird eine neue Welt aus dem Chaos schaffen! Die Erde wird zu einem neuen hochzeitlichen Jerusalem werden, und die von der Sünde erlöste Menschheit wird singen: Hosianna! Reine, unsterbliche Geister werden das Weltall füllen, und der ganze Himmel wird widerhallen von dem glückseligen Jubel des Vereintseins in Gott! Ja, daran glaube ich so heiß, wie ich genau weiß, daß Daisy ‚seine‘ Abgesandte ist. Und ich

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Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 300. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/300&oldid=- (Version vom 1.8.2018)