Seite:Reymont - Der Vampir.djvu/315

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Glaube, die ganze Sehnsucht meines Daseins ist heute eines gewaltsamen Todes gestorben. Jetzt weiß ich, daß der Europäer vielleicht einmal unser ganzes Planetensystem erforschen, vielleicht sogar die Sonne zur Triebkraft seiner Fabriken machen und zu den Sternen fliegen wird, aber nie und nimmer wird er die Grenzen der Materie überschreiten, nie werden seine sündigen Hände den Vorhang lüften, seine blinden Augen werden die enthüllte Isis nicht schauen! Jetzt weiß ich, daß wir nur ein elendes Geschlecht von Parias sind, das durch seine Dummheit kühn geworden ist, ein Geschwür der Welt, das zu einem widerlichen, kriechenden Leben verdammt ist, wie jene Würmer, von denen es unter der Erdoberfläche wimmelt! Und wahrlich, wir sind eines besseren Geschicks nicht würdig, denn die Summe unserer Freveltaten ist größer sogar denn Gottes Barmherzigkeit. Drum wehe dem Tollkühnen, der mit lästerndem Gedanken die vorgezeichnete Grenze zu überschreiten wagt, tausendmal wehe! Wahnsinn und Tod stehen dort auf der Wacht!“

In seinen Worten lag so viel Grausiges, eine so grenzenlose Verzweiflung blickte aus seinen Augen, daß Zenon von abergläubischer Furcht erfaßt wurde. Smith schaute sich ratlos um, schleppte sich wie ein Greis zur Tür, wendete sich noch einmal um und wiederholte:

„Wahnsinn und Tod.“

Kaum waren seine Schritte im Flur verhallt, Zenon stand gerade mitten im Zimmer, er hatte sich vom Schreck noch nicht erholt, da meldete der Diener:

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Władysław Reymont: Der Vampir. Albert Langen, München 1914, Seite 315. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Reymont_-_Der_Vampir.djvu/315&oldid=- (Version vom 1.8.2018)