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Walther Kabel: Riesenwürmer. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1913, Bd. 6, S. 224–228

aus dem Bericht der Bakerschen Tiefseeexpedition, die auch im Meerbusen von Kalifornien mit gewaltigen Schleppnetzen die tiefsten Stellen nach unbekannten Meerbewohnern abgesucht hat: „Am 18. Februar brachten wir in unserem Kastennetz aus einer Tiefe von 800 Metern wohl den interessantesten Fang dieser dreimonatigen Reise ans Tageslicht empor, ein zu der Familie der Borstenwürmer gehöriges Tier von fast 2 Meter Länge, das größte bisher befundene dieser Art. Daß wir diesen Riesenwurm seiner dunklen Wohnung auf dem Grunde des Ozeans entreißen konnten, verdankten wir auch nur einem Zufall. Ein Tintenfisch mußte, kurz bevor unser Kastennetz über den Meeresboden dahinstrich, gerade einen Angriff auf dieses Ungeheuer von Wurm gemacht haben und hatte ihn mit seinen Fangarmen förmlich zu einem Riesenknäuel zusammengedrückt. Es war eine widerwärtige Arbeit, den Wurm mit Messern aus den schleimigen Fangarmen des Tiintenfisches herauszuschneiden.

Dieses Exemplar von Borstenwurm war gleichmäßig dunkelgrau gefärbt, in der Mitte etwa 30 Zentimeter dick und verjüngte sich nach dem Schwanzende hin. Die fast kreisrunden Freßkiefer waren ausgezahnt und bestanden aus einer harten, hornigen Masse. Die Sehorgane lagen unter feinen, durchsichtigen Häuten dicht nebeneinander auf dem deutlich abgezeichneten Kopf. Die einzelnen, etwa 20 Zentimeter breiten Ringe des Leibes traten bei der Vorwärtsbewegung ganz deutlich hervor. Die Blutflüssigkeit, die aus einigen bei dem Kampfe mit dem Tintenfisch entstandenen Hautverletzungen hervorquoll, war graugrün, zeigte aber bei der chemischen Untersuchung die Bestandteile des gewöhnlichen Blutes, nur fehlten die roten Blutkörperchen. Der Riesenwurm wurde in ein mit Meerwasser angefülltes Glasbassin gebracht und im unteren Schiffsraume im Dunkeln, also möglichst entsprechend seinen gewohnten Lebensbedingungen, aufbewahrt. Hier konnte festgestellt werden, daß die Sehorgane willkürlich ein phosphoreszierendes Leuchten ausstrahlten, wie dies bei verschiedenen Tiefseefischen schon beobachtet worden ist. Leider lebte das seltene Exemplar nur noch drei

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Walther Kabel: Riesenwürmer. In: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1913, Bd. 6, S. 224–228. Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1913, Seite 227. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Riesenw%C3%BCrmer.pdf/5&oldid=- (Version vom 1.8.2018)