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Vater. Philosophie, mein Kind, hilft über Alles weg, macht uns Alles möglich. Ich habe dich von Jugend auf in dieser herrlichen Wissenschaft unterrichtet, jetzt zeige, daß du etwas gelernt hast.

Mutter. Deine Philosophie ist lauter Dummheit!

Vater. Frau, ich habe eine fünfundzwanzigjährige Ehe mit dir geführt, – wie hätte ich das ohne Philosophie fertig gebracht?

Tochter (hat sich gesetzt und weint). Mein eigner Vater will mein Unglück.

Vater. Das ist unlogisch, meine Tochter! Eines Vaters Liebe ist Naturtrieb, die Liebe kann nie eines Andern Unglück wollen, also kann ein Vater seiner Tochter Unglück nicht beabsichtigen.

Mutter. Du bist ein Barbar! (Geht zur Tochter.)

Vater. Einen Augenblick, liebe Frau, das war ein zu schöner Schluß, mit unumstößlichen Vordersätzen und schlagender Folgerung, – den muß ich erst aufschreiben. (Schreibt in ein Taschenbuch.)

Mutter. O, über den kalten, gefühllosen Mann! Sei ruhig, meine Tochter, trockne deine Thränen, tröste dich!

Vater. Barbar hast du mich genannt? Du brauchst ein Wort, dessen eigentliche Bedeutung du nicht kennst!

Mutter. Du wirst wohl wissen, was ich habe sagen wollen.

Vater. Insofern ich die veränderte Bedeutung des Wortes geschichtlich zu verfolgen im Stande bin, kann ich den beabsichtigten Sinn deiner Worte wohl errathen!

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Roderich Benedix: Unerschütterlich. J. J. Weber, Leipzig 1848, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Roderich_Benedix_-_Unersch%C3%BCtterlich_(1848).pdf/4&oldid=- (Version vom 22.11.2023)