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Antworte mir, meine Tochter, das wird deine Gedanken auf andere Dinge richten und deine Traurigkeit zerstreuen. Aus welcher Sprache stammt das Wort Barbar?

Tochter (weinend). Aber lieber Vater!

Mutter. Man könnte krank werden, wenn man diese Gefühllosigkeit sieht.

Vater. Gefühllosigkeit? Quod non, nur philosophische Ruhe. Das Wort Barbar finden wir zuerst bei den Griechen.

Mutter (führt die Tochter nach hinten und redet ihr eifrig zu).

Vater (bemerkt das nicht, bleibt ruhig stehen und fährt fort). Wahrscheinlich aber stammt es aus dem Phönizischen und hat jedenfalls seine Wurzel im Ostaramäischen oder in einer andern orientalischen Sprache. Barbaroi (βαρβαροι) nannten die Griechen alle Fremden oder Ausländer. Weil nun die Fremden von den Griechen als ungesittet betrachtet wurden, so bekam das Wort Barbaros (βαρβαρος) den Nebenbegriff von roh, ungesittet. Von den Griechen haben die Römer das Wort bekommen und von diesen die neuern Sprachen. Insofern ich nun weder ein Fremder, noch roh oder ungesittet bin, passen diese ersten Bedeutungen des Wortes nicht auf mich. Allein in spätern Zeiten, zu Zeiten der Völkerwanderung, bekam das Wort noch den Nebenbegriff von Grausamkeit, und insofern – doch halt – nein – der Grausamkeit kann man mich nicht wohl beschuldigen. Was meinst du, meine Tochter? (Sieht sich um.) Fast komme ich auf die Vermuthung, ihr habt mich nicht gehört?

Mutter (kommt vor). Alle Fassung könnte man verlieren, wenn man deine Reden hört!

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Roderich Benedix: Unerschütterlich. J. J. Weber, Leipzig 1848, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Roderich_Benedix_-_Unersch%C3%BCtterlich_(1848).pdf/5&oldid=- (Version vom 22.11.2023)