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Walther Kabel: Romanhaftes aus der Geschichte der Sparkassen (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 7)

Romanhaftes aus der Geschichte der Sparkassen. – Die erste Sparkasse wurde 1765 als „Herzogliche Leihkasse“ in Braunschweig eingerichtet. Eine Privatgesellschaft in Hamburg folgte im Jahre 1778 mit einer Gründung, der zuerst der Name „Sparkasse“ beigelegt wurde. Erst 1798 eröffnete man in London eine ähnliche Anstalt, während Paris sich damit bis 1818 Zeit ließ.

Die Satzungen dieser ersten Anstalten wiesen keinerlei Bestimmungen auf, daß eine Spareinlage, wenn der Einzahler sich nicht während eines bestimmten Zeitraumes meldet, in das Eigentum der Kasse übergeht, wie dies heute überall, zumeist nach fünfunddreißig Jahren, geschieht. Der Mangel einer solchen Vorschrift hat verschiedentlich zu merkwürdigen Vorkommnissen geführt, wie Domela in einem Buche über Sparwesen erwähnt.

Im Jahre 1801 zahlte der englische Fregattenleutnant Thomas Borwell bei der Londoner Sparkasse 20 Pfund Sterling (400 Mark) ein. Borwell, der unverheiratet war, fand beim Untergange der Fregatte „Thetis“ im Golfe von Biskaya 1807 den Tod. Da in seinem Nachlaß kein Hinweis auf jenes Sparkassenguthaben entdeckt wurde, erhielt auch die Londoner Sparkasse keine Nachricht von seinem Ableben und ließ das Guthaben unangetastet liegen. Borwells Erbe, sein Bruder Edward, wanderte 1812 nach Amerika aus. Als im Jahre 1841 das Statut der Londoner Sparkasse nachgeprüft und eine Bestimmung eingeführt wurde, daß die mehr als dreißig Jahre unberührt gebliebenen Guthaben nach erfolgtem Aufruf der Anstalt gehören sollten, wurde der Fall Thomas Borwell zur Rechtsfrage. In der Zwischenzeit hatte nämlich die Sparkasse zweimal vergeblich versucht, die Erben des Fregattenleutnants ausfindig zu machen. Es handelte sich nun darum, ob man der neuen Bestimmung rückwirkende Kraft geben sollte. Wäre

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Walther Kabel: Romanhaftes aus der Geschichte der Sparkassen (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 7). Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1916, Seite 229. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Romanhaftes_aus_der_Geschichte_der_Sparkassen.pdf/2&oldid=- (Version vom 1.8.2018)