an einem andern Ort wieder abgesetzt. So haben wir ohne Zweifel durch Strich-Vögel schon manche Pflanze aus fremden Gegenden bekommen, die jetzt bey uns daheim ist, und guten Nutzen bringt. So gehen auf hohen Gemäuren und Thürmen Kirschbäume und andere auf, wo gewiß kein Mensch den Kern hingetragen hat. Noch andere fallen von den überhangenden Zweigen ins Wasser, oder sie werden durch den Wind und Ueberschwemmungen in die Ströme fortgerissen und weiter geführt, und an andern Orten durch neue Ueberschwemmungen wieder auf dem Lande abgesetzt. Ja einige schwimmen auch wohl auf den Strömen bis ins Meer, erreichen das jenseitige Gestade, und heimen sich alsdann in einer landesfremden Erde ein. Es sind da und dort schon Pflanzen als Unkraut aufgegangen, von denen man wohl wissen kann, daß der Samen dazu auf diese Art über das Meer gekommen sey. Also müssen alle Kräfte und Elemente die wohlthätigen Absichten des Schöpfers befördern, Schnee und Regen, Blitz und Hagel, Sturm und Winde, die seine Befehle ausrichten.
Aber das ist ja eben die Plage des Landmannes! daher kommt also das viele Unkraut im Garten-Gelände und auf den Acker-Furchen, das der schönen gereinigten Saat Raum und Nahrung stiehlt, so viel Mühe macht, und doch mit aller Geduld und Sorgfalt nicht vertilgt werden kann! Die Sache ist nicht so schlimm, wie sie scheint. Denn zum ersten, so ist der Mensch nicht allein auf der Erde da. Viele 1000 Thiere aller Art, von mancherley Natur und Bedürfnissen wollen auch genährt seyn, und warten
Johann Peter Hebel: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen 1811, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schatzkaestlein_des_rheinischen_Hausfreundes.djvu/037&oldid=- (Version vom 1.8.2018)