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in aller Unschuld, und ohne an etwas anders zu denken, und – o weh, da war der erste Wunsch gethan. – Schnell wie ein Blitz kommt und vergeht, kam es wieder wie Morgenroth und Rosenduft untereinander durch das Kamin herab, und auf den Cartoffeln lag die schönste Bratwurst. – Wie gewünscht so geschehen. – Wer sollte sich über einen solchen Wunsch und seine Erfüllung nicht ärgern? Welcher Mann über solche Unvorsichtigkeit seiner Frau nicht unwillig werden?

„Wenn dir doch nur die Wurst an der Nase angewachsen wäre“, sprach er in der ersten Ueberraschung, auch in aller Unschuld, und ohne an etwas anders zu denken – und wie gewünscht, so geschehen. Kaum war das letzte Wort gesprochen, so saß die Wurst auf der Nase des guten Weibes fest, wie angewachsen in Mutterleib, und hieng zu beyden Seiten hinab wie ein Husaren-Schnauzbart.

Nun war die Noth der armen Eheleute erst recht groß. Zwei Wünsche waren gethan und vorüber, und noch waren sie um keinen Heller und um kein Waizenkorn, sondern nur um eine böse Bratwurst reicher. Noch war ein Wunsch zwar übrig. Aber was half nun aller Reichthum und alles Glück zu einer solchen Nasenzierrath der Hausfrau? Wollten sie wohl oder übel, so mußten sie die Bergfey bitten, mit unsichtbarer Hand Barbiersdienste zu leisten, und Frau Lise wieder von der vermaledeyten Wurst zu befreyen. Wie gebeten, so geschehen, und so war der dritte Wunsch auch vorüber, und die armen Eheleute sahen einander an, waren der nemliche Hans

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Johann Peter Hebel: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen 1811, Seite 119. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schatzkaestlein_des_rheinischen_Hausfreundes.djvu/127&oldid=- (Version vom 1.8.2018)