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Kayser Napoleon und die Obstfrau in Brienne.


Der große Kayser Napoleon brachte seine Jugend, als Zögling, in der Kriegsschule zu Brienne zu, und wie? Das lehrten in der Folge seine Kriege, die er führte, und seine Thaten. Da er gerne Obst aß, wie die Jugend pflegt, so bekam eine Obsthändlerin daselbst manchen schönen Batzen von ihm zu lösen. Hatte er je einmal kein Geld, so borgte sie. Bekam er Geld, so bezahlte er. Aber als er die Schule verließ, um nun als kenntnißreicher Soldat auszuüben, was er dort gelernt hatte, war er ihr doch einige Thaler schuldig. Und, als sie das letztemal ihm einen Teller voll saftiger Pfirsiche oder süßer Trauben brachte, „Fräulein, sagte er, jezt muß ich fort, und kann euch nicht bezahlen. Aber ihr sollt nicht vergessen seyn.“ Aber die Obstfrau sagte: „O reisen Sie wegen dessen ruhig ab, edler, junger Herr. Gott erhalte Sie gesund, und mache aus Ihnen einen glücklichen Mann.“ – Allein auf einer solchen Laufbahn, wie diejenige war, welche der junge Krieger jezt betrat, kann doch auch der beste Kopf so etwas vergessen, bis zuletzt das erkenntliche Gemüth ihn wieder daran erinnert. Napoleon wird in kurzer Zeit General, und erobert Italien. Napoleon geht nach Egypten, wo einst die Kinder Israel das Ziegler-Handwerk trieben, und liefert ein Treffen bey Nazareth, wo vor 1800 Jahren die hochgelobte Jungfrau wohnte. Napoleon kehrt mitten durch ein Meer voll feindlicher Schiffe nach Frankreich und Paris zurück, und wird erster Consul. Napoleon stellt in seinem unglücklich gewordenen Vaterlande die Ruhe

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Johann Peter Hebel: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen 1811, Seite 186. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schatzkaestlein_des_rheinischen_Hausfreundes.djvu/194&oldid=- (Version vom 1.8.2018)