an einem andern Finger, als an dem meinigen.“ Der Jud bat den Fremden, ihm den Ring in die Hand zu geben. Er wendet ihn hin, er wendet ihn her, dreht den Kopf rechts, dreht den Kopf links. „Soll dieser Stein nicht echt seyn?“ dachte er, und bot dem Fremden für den Ring zwei neue Dublonen. Der Fremde sagte ganz unwillig: „Was soll ich euch betrügen? Ihr habt es schon gehört, der Stein ist falsch.“ Der Jude bittet um Erlaubniß, ihn einem Kenner zu zeigen, und einer der dabei saß, sagte: „ich stehe gut für den Israeliten, der Stein mag werth seyn, was er will.“ Der Fremde sagte: „Ich brauche keinen Bürgen, der Stein ist nicht ächt.“
In dem nemlichen Garten saß damals an einem andern Tisch auch der Hausfreund mit seinen Gevatterleuten, und waren auch lustig und honett für ihr Geld, und einer davon ist ein Goldschmidt, der’s versteht. Einem Soldaten, der in der Schlacht bei Austerlitz die Nase verloren hatte, hat er eine silberne angesetzt und mit Fleischfarbe angestrichen, und die Nase war gut. Nur einblasen einen lebendigen Odem in die Nase, das konnte er nicht. Zu dem Gevattermann kommt der Jude. „Herr, sagte er, soll dieses kein ächter Edelstein seyn? Kann der König Salomon einen schönern in der Krone getragen haben?“ Der Gevattermann, der auch ein halber Sternseher ist, sagte: „Er glänzt, wie am Himmel der Aldebaran. Ich verschaffe euch 90 Dublonen für den Ring. Was ihr ihn wohlfeiler bekommt, ist euer Schmuhs.“ Der Jud kehrt zu dem Fremden zurück. „Aecht oder unächt, ich gebe euch sechs Dublonen,“ und zählte sie auf den Tisch, funkel nagel neu. Der Fremde steckte
Johann Peter Hebel: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen 1811, Seite 241. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schatzkaestlein_des_rheinischen_Hausfreundes.djvu/249&oldid=- (Version vom 1.8.2018)