da dachten sie zuletzt, es sey doch besser bayerisch seyn als sie im Anfang gemeynt hatten, und unterwarfen sich wieder. Unversucht schmeckt nicht. Nur einige Tollköpfe wollten lieber zuerst ein wenig erschoßen oder gehenkt seyn; zum Beispiel Andreas Hofer.
Andreas Hofer Sandwirth in Passeyer und Viehhändler hatte bis über sein 40stes Jahr bis der Aufstand ausbrach, schon manch Schöpplein Wein ausgeschenkt, manch Stücklein Kreide an bösen Schulden verschrieben, und schätzen konnte er ein Häuptlein Vieh trotzdem einem. Aber im Aufstand brachte er es zum Commandanten, nicht blos von einem Städtlein oder Thal, nein von der ganzen gefürsteten Grafschaft Tirol, und nahm sein Quartier nicht nur in einem Pfarrhof oder etwa in einem Amthaus, sondern in dem großen fürstlichen Residenzschloß zu Insbruck. An fünfzig tausend Mann Landsturm stand in kurzer Zeit unter seinem Befehl. Wer keine Flinte hatte, präsentirte das Gewehr mit der Heugabel. Was verordnet und ausgefertigt wurde, stand Andreas Hofer darunter, das galt. Sein geheimer Kriegsminister war ein geistlicher Herr, Pater Joachim genannt, sein Adjutant war der Kronenwirth von Pludenz, sein Schreiber ein entlaufener Student. Unter seiner Regierung wurden für dreyßigtausend Gulden eigene Zwanzigkreuzerstücke für Tirol geprägt, der Hausfreund hat auch einen Hutvoll davon. Ja, er legte eine eigene Stückgießerey an, aber wie? Die Kanonen wurden aus Holz gebohrt, und mit starken eisernen Ringen umlegt. Item es that gut, nur nicht dem, den’s traf. In Inspruck ließ er sich gut auftragen. Selber essen macht fett. Er sagte: ich bin lang genug Wirth gewesen. Jetzt will ich auch einmal Gast seyn. Bey dem allen veränderte er seine Kleidertracht nie. Er gieng einher wie ein gemeiner Tiroler, und trug einen Bart, so lang das Haar wachsen mochte. Nur im rothen Gürtel trug er ein paar Terzerolen, und auf dem grünen Hut eine hohe Reiherfeder, und neben seinen schweren Regierungsgeschäften trieb er den Viehhandel fort, wie vorher. Jetzt schickte er einen Adjutanten mit Befehlen an die Armee ab, jetzt kam ein Metzger: „Wie theuer die
Johann Peter Hebel: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen: Cotta, 1811, Seite 295. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schatzkaestlein_des_rheinischen_Hausfreundes.djvu/303&oldid=- (Version vom 1.8.2018)