Welch eine Menge von Unglücklichen! Seit einem Jahrhundert kennt man kein so schröckliches Beyspiel. Einst brachte man meinem Vater zwey Tage nach einer blutigen Schlacht die Liste der Erschlagenen; eine Thräne quoll dem verehrungswürdigen Greis aus den Augen: denn er liebte seine Unterthanen, und der Verlust jedes einzelnen Kriegers gieng ihm nahe wie der eines Kindes – Gott! rief er damals, möchte deine schwere Geisel nie wieder auf mein Land fallen! – Und ich sein Nachfolger und Sohn – diese neue Scene des Jammers erleben zu müßen! (Pause.) Ich dank’ Ihnen junger Mann! Ihre freye Schreibart, so frey wie ihr Herz, zeugt hinlänglich von ihrem Patriotismus, und jeder Federzug verräth Menschenliebe – Ihr Bericht schildert mir zwar mit sehr treffenden Zügen die Noth meiner armen Unterthanen; ich setze auch nicht das geringste Mistrauen in Sie – denn nur diese wenigen Meilen von meiner Residenz, wie viele traurige Reste der schröcklichen Verwüstung, wie viele Gegenstände des Erbarmens und Mitleids traf ich da nicht! Oft mußt’ ich meinen
Franz Philipp Adolph Schouwärt: Die Ueberschwemmung. , Frankfurt am Mayn 1784, Seite 81. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Schouw%C3%A4rt_%E2%80%93_Die_Ueberschwemmung_(1784).djvu/81&oldid=- (Version vom 24.10.2016)