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„Ja,“ rief ich mutig, ohne auf Onkel Wendels Zerren und Zupfen zu achten, „ja, Ihre Welt ist weiter nichts als eine Seifenblase, die der Mund meines kleinen Söhnchens mittelst eines Strohhalms geblasen hat und die der Finger eines Kindes im nächsten Augenblicke zerdrücken kann. Freilich ist, gegen diese Welt gehalten, mein Kind ein Riese —“

„Unerhört! Blasphemie! Wahnsinn!“ schallte es durcheinander, und Tintenfässer flogen um meinen Kopf. „Er ist verrückt! Die Welt soll eine Seifenblase sein? Sein Sohn soll sie geblasen haben! Er giebt sich als Vater des Weltschöpfers aus! Steinigt ihn! Siedet ihn!“

„Der Wahrheit die Ehre!“ schrie ich. „Beide Parteien haben Unrecht. Die Welt hat mein Sohn nicht geschaffen, er hat nur diese Kugel geblasen, innerhalb der Welt, nach den Gesetzen, die uns Allen übergeordnet sind. Er weiß nichts von Euch, und Ihr könnt nichts wissen von unserer Welt. Ich bin ein Mensch, ich bin hundertmillionenmal so groß und zehnbillionenmal so alt als Ihr! Laßt Glagli los! Was streitet Ihr um Dinge, die Ihr nicht entscheiden könnt?“

„Nieder mit Glagli! Nieder mit dem „Menschen“! Wir werden ja sehen, ob Du die Welt mit dem kleinen Finger zerdrücken kannst! Ruf’ doch Dein Söhnchen!“ So raste es um mich her, während man Glagli und mich nach dem Bottich mit siedendem Glycerin hinzerrte.

Sengende Glut strömte mir entgegen. Vergebens setzte ich mich zur Wehr. „Hinein mit ihm!“ schrie die Menge. „Wir werden ja sehen, wer zuerst platzt!“

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Kurd Laßwitz: Seifenblasen. Leopold Voß, Hamburg und Leipzig 1890, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Seifenblasen-Kurd_La%C3%9Fwitz-1890.djvu/21&oldid=- (Version vom 20.8.2021)