Ein bewegter Tag. Die Arbeiter waren damit beschäftigt, unsern diesjährigen Erstlingen beim Auskriechen behilflich zu sein. Während sie ihnen die Puppenhülsen aufbissen und abzogen, saß ich wieder über meinem Ssrr, dem großen Erforscher der Menschen, den ich mehr und mehr verehren lerne. Hat er uns doch eine neue Welt eröffnet, einen Blick in den ungeahnten Reichtum der Natur an merkwürdigen Gestalten, und in jeder zeigt sich die Weisheit der unendlichen Uremse. Der Mensch, dieses riesige, täppische Tier, wie gefährlich wäre er unseren Staaten, wenn er bei seiner zweifellosen Intelligenz zugleich die idealen Triebe der Ameise besäße! So aber begnügt er sich mit der Anbetung seiner blanken Götzen und sein ganzes Streben ist darauf gerichtet, möglichst viele derselben anzuhäufen. Und dies nicht etwa für die Gemeinschaft, sondern ein jeder sorgt nur für sich; eben hier zeigt sich die Weisheit des Schöpfers, daß er die Kräfte dieser gefährlichen Riesen zersplittert und sie zu einem Kampfe des einzelnen gegen den einzelnen antreibt. Wie dankbar müssen wir sein, daß wir als Ameisen ausgekrochen sind!
Mit derartigen Gedanken war ich beschäftigt, als wir plötzlich eine gewaltige Erschütterung des ganzen Baus verspürten. An einer Stelle drang das Tageslicht ein. Die Arbeiter stürzten sich auf die Larven und Puppen, um sie in Sicherheit zu bringen, während wir Führer zur Abwehr des Angriffs hinauseilten. Wir bemerkten, daß ein Mensch mit einem Baume — sie
Kurd Laßwitz: Seifenblasen. Leopold Voß, Hamburg und Leipzig 1890, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Seifenblasen-Kurd_La%C3%9Fwitz-1890.djvu/87&oldid=- (Version vom 20.8.2021)