daß wir mit Hilfe unserer bewaffneten Fühler bald die Menschensprache vollständig beherrschen werden. Auch ein Sehrohr ist konstruiert worden, wodurch wir selbst bei Tageslicht entfernte Gegenstände wahrnehmen können.
Jetzt geht es lustig im Stock zu! Wir haben wieder eine geflügelte Jugend. Mädchen und Knaben tummeln sich draußen, es ist nicht leicht sie zu hüten. Frei schweben sie in der Luft, wir alten Führer laufen unten herum und sind nicht imstande sie zu tasteln. Nun, das Vergnügen ist ein kurzes — wenige Sonnen, und die Flügel müssen fallen!
Von der Expedition höre ich, daß die Menschen sogar Bücher über uns Ameisen geschrieben haben. Selbstverständlich lauter Unsinn! Von unsern Verkehrsmitteln haben sie keine Ahnung, unsere Organe deuten sie ganz falsch, weil sie sich nach ihren groben Sinnen richten. Sie wissen nicht, wie fein und modulationsfähig unsere Tasterschwingungen sind, und daß die Keulenkäferchen die Fähigkeit haben, diese Tasterschwingungen aufzunehmen, festzuhalten und nach Belieben wiederzugeben. Daher zerbrechen sie sich den Kopf, wozu wir die Keulenkäferchen im Stock halten und füttern, denn sie können nicht begreifen, daß diese unsere lebendige Bibliothek sind. Da bilden sie sich wer weiß was auf ein neues Instrument ein, was einer von ihnen erfunden hat, um die Töne festzuhalten und wiederzugeben.
Kurd Laßwitz: Seifenblasen. Leopold Voß, Hamburg und Leipzig 1890, Seite 90. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Seifenblasen-Kurd_La%C3%9Fwitz-1890.djvu/90&oldid=- (Version vom 20.8.2021)