die Truhe, neigte sich hinein und da schlug die Mutter den Deckel zu und schlug dem Knaben den Kopf ab. Dann kochte sie denselben den Schweinen. Das Schwesterchen sammelte die übrig gebliebenen Gebeine und grub sie unter einen Lindenbaum. Da flog ein Waldvögelein hervor, setzte sich auf den Baum und sang: „Meine Schwester, die Kleine, hat all’ die Gebeine unter a Linderl grobn, is a recht schöns Waldvogerl draus worn“. Es warf dann dem Kind ein goldgesticktes Mieder herab. Dann rief es dem Brüderchen, sang das Gleiche und warf ein Paar Stiefel herab. Dann rief es der Mutter und warf nach dem Gesang einen Mühlstein herab auf die böse Mutter, der sie drei Klafter tief in die Erde schlug.
Frau Anna Bauer, Kassierswitwe in Amberg, 1900. (Urschrift.)
In einem Dorfe wohnte einmal eine Familie, gering und mit vielen Schulden. Sie brauchten wieder Geld und wandten sich an den Teufel. Der kam und brachte es ihnen; aber sie mußten ihm dafür verschreiben, daß das, was die Frau nach einer gewissen Zeit bekäme, ihm gehöre. Sie unterschrieben, weil sie noch nicht wußten, was der Teufel meine. Die Zeit ging um und die Frau bekam einen Buben. Als er etwas herangewachsen war, holte sich der Teufel den Buben und brachte ihn in ein verwünschtes Schloß oder an einen ähnlichen Platz. Da mußte der Knabe etwas lernen. (Wohin er kam und was er dort treiben mußte – hat der Erzähler vergessen.) Alle Jahre einmal aber durfte der Knabe seine Eltern besuchen. Als er wieder einmal daheim war, und gerade ein Vögelchen auf einem Baum am Hause pfiff, fragte er seinen Vater: „Wißt Ihr, was das Vögelchen pfeift?“ Der antwortete natürlich: „Nein“, dachte aber bei sich, du mußt doch schon viel gelernt haben, wenn du das weißt. Der Sohn sagte jetzt: „Das Vögelchen pfeift: Ihr müßt mich noch einmal mit eigener Hand bedienen“.
Der Sohn kam in dem Schloß, wo er war, auch in den Stall. Da standen drei Esel. Der eine von ihnen stand jederzeit verkehrt, mit dem Hinterteil am Barren. Drehte er den Esel herum, so stand der am andern Tag doch wieder so. Und als er ihn so dreimal herumgedreht hatte, fing der Esel an zu plaudern und sagte, der Bursche solle in den Hof gehen und dort seinen Kopf in den Brunnen eintunken, seine Haare würden davon goldig; er solle das aber nicht sehen lassen und seinen Kopf verbinden. Nachher gab ihm der Esel auch den Ort an, wo sieben Kugel lägen, und trug ihm auf, diese zu holen und zu sich zu stecken; denn, wenn er die habe, könne sie der Teufel auf ihrer Flucht nicht einholen. Als der Bursche die Kugeln hatte, setzte er sich auf den Esel, und der sprengte davon. Aber der Teufel eilte nach. Die Flüchtlinge kamen an einen See und der Bursche warf auf das Geheiß des Esels eine Kugel hinein. Der Teufel mußte erst die Kugel suchen und verweilte sich dabei. Die Flüchtlinge erreichten einen zweiten See und die zweite Kugel hielt den Teufel
Karl Spiegel: Märchen aus Bayern. Selbstverlag des Vereins für bayrische Volkskunde und Mundartforschung, Würzburg 1914, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Spiegel_Maerchen_aus_Bayern.djvu/5&oldid=- (Version vom 1.8.2018)