Seite:Sponsel Grünes Gewölbe Band 4.pdf/30

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wie vor allem der Winter (Tafel 22 a, c) den weiblichen Jahreszeiten weit überlegen.

Da das Inventar des Elfenbeinzimmers in der Reihe der sorgfältig geführten Inventarien fehlt, die unmittelbar nach dem Tode Augusts des Starken 1733 auf Befehl seines Nachfolgers angelegt wurden, sind wir auf der Suche nach Künstlernamen und Herkunftshinweisen lediglich auf die Einzelinventare der Kunstkammer – die ja neben der „Geheimen Verwahrung“ weiterbestand, indessen nach und nach immer mehr von ihren Schätzen an diese abgab –, auf Spezifikationen über Ab- und Zugänge, Akten, Rechnungen und dergl. angewiesen. Eine solche vom 31. Dezember 1769, aus den ersten Jahren der Regierung Friedrich Augusts III., nennt unter den Vermehrungen des Elfenbeinzimmers nicht nur die Gruppe der Stierbändiger und die des Pferdes mit dem Löwen, beide „von Melchior Bartheln“, sondern auch einen „Jupiter auf einem Adler sitzend, auf einer schönen Corinthischen Säule von Schildkröt mit Silber belegt“ und „Ein Pferd, auf einem schwarzen hölzernen Fuß von Balthasar“ (scil. Permoser). Wohl durch die letztere Notiz verführt, nennt schon Landsberg 1834 auch den Jupiter ein Werk Permosers. Unter diesem Namen ist die prachtvolle Arbeit (II. 340) in die Kunstgeschichte eingegangen. Damit sind aber auch Scherers Zweifel an der Urheberschaft Permosers für das schreitende Pferd (Tafel 19 b) widerlegt, wenn auch der Hinweis darauf, daß sich diese, nicht nur von der Antike beeinflußte, sondern in höchstem Grade persönliche Schöpfung sowohl in der Elfenbeinplastik des Barock wie besonders in Permosers Werk einzeln dasteht, seine Geltung behält.

Ein Künstler wie der Altbayer Simon Troger verkörpert, neben einem geborenen Plastiker wie es ein Permoser ist, den Aufstieg des bodenständigen Handwerkers in die Sphäre der absoluten Kunst. Mit ihm erobert sich ein Stück reiner Volkskunst den Zutritt in die Paläste der Fürsten und des Adels, in die strengbehüteten Kunstkammern. Seine Kunst wurzelt in der naiven Freude des Süddeutschen an der Verbindung verschiedener Materialien, wie sie sich vor allem in den Plastiken der Krippenfiguren zeigt. Wenn Troger seinen Figuren Augen aus Glasmasse einsetzt, ihnen Waffen aus Metall in die Hand gibt, so befindet er sich damit schon auf dem Wege des Illusionismus, der besonders die italienischen und alpenländischen Krippen beherrscht. In Italien auch finden sich die Vorbilder der Materialverbindungen, die ja in der Antike, Marmorbüsten mit Bronzedraperie, ihren klassischen Ursprung haben. Drei Momente bestimmen die Technik Trogers: die Neigung zu einem Maßstab, der die organischen