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herrichtete, unternahm Brack doch noch einen kurzen Erkundungsgang. Er konnte jedoch drüben auf dem Atoll nichts Verdächtiges bemerken und kehrte sehr bald um.

Nach der kargen Mahlzeit streckten sie sich nebeneinander zum Schlafe aus. Der Boy schnarchte schon nach wenigen Minuten in allen Tonarten. Das war sein gutes Recht und das Recht der unbekümmerten Jugend. Anders Tim Brack. Ihm ging zu vieles durch den Kopf, als daß er sofort Schlaf gefunden hätte. Seine Gedanken verweilten bei Marga Alting, und es war eine Art stiller Totenandacht, die er hier abhielt und die ihm abermals bewies, wie stark sich das Mädchen, das nun irgendwo vielleicht als entstellter Leichnam im Ozean umhertrieb, sich in sein Herz eingenistet gehabt hatte – wie ein Vöglein, das sich verflogen hat und eine neue Heimat sucht! So war ihm Marga erschienen: Wie ein Vöglein ohne eigenes Nest! So nur konnte er, der selbst im Herzen so einsam war, ihrer in Liebe und Wehmut gedenken.

Dann schlummerte er ein. Das weiche Graslager schmiegte sich um seinen erschöpften Leib, und die wundervollen Düfte der Stachelakazien ringsum und das Rauschen der Riesenblätter der Palmen sorgten dafür, daß sein Schlaf tief und fest war. Dieser schattige Lagerplatz, den nur zuweilen die droben auf den Rändern der Felsenmauer nistenden Möwen[1] und die kleinen Inselschwalben umkreisten, wurde in seiner idyllischen Ruhe viele Stunden durch nichts gestört.

  1. Vorlage: Möven, siehe Seite 98
Empfohlene Zitierweise:
W. von Neuhof: Stürme um Kap Marga. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1934, Seite 97. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:St%C3%BCrme_um_Kap_Marga.pdf/97&oldid=- (Version vom 1.8.2018)