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Von diesen steht ein großer Theil bei benachbarten Bauern und Gutsbesitzern in fester Arbeit. Männliche Tagelöhner dieser Art erhalten je nach der Jahreszeit täglich 5–6 Sgr. und die Kost, gewöhnlich auch Sonntags das Mittagsessen. Tagelöhnern, welche nicht in fester Arbeit stehen, muß in der Regel ein etwas höherer Lohn gegeben werden. Weiber verdienen 3–5 Sgr. täglich. Der Mähelohn wird, sofern fremde Arbeiter genommen werden müssen, nicht tageweise, sondern mit 20 Sgr. pro Morgen, das Binden der Garben mit 1 Sgr. pro 100 Stück bezahlt. Die angegebenen Durchschnittssätze betragen das Doppelte derjenigen, welche vor etwa 30 Jahren üblich waren, und werden oft noch erheblich überstiegen.

Viele Tagelöhner besitzen ein eigenes Haus mit etwas Land, andere wohnen zur Miethe; sie halten in der Regel eine Kuh und machen ein Schwein fett, zum mindesten haben sie eine oder zwei Ziegen. Für diejenigen, welche nicht in der Landwirthschaft beschäftigt werden, findet sich Gelegenheit zum Verdienst bei den vielfachen Rhein-, Deich- und Wegebauten, ferner als Kohlenträger am Rhein oder als Arbeiter in den Kohlenbergwerken und den anderen industriellen Etablissements der rechten Rheinseite. Der Verdienst ist hier ein hoher und kann unter Umständen bis zu 20–25 Sgr. steigen, daher wenn der Fabrikbetrieb florirt, häufig Mangel an ländlichen Arbeitern eintritt. Die Anziehungskraft der rechtsrheinischen Kohlen- und Eisenproduktion ist, wie bereits an einem anderen Orte bemerkt worden, so mächtig, daß nicht nur täglich eine Menge Arbeiter oft stundenweit über den Rhein wandern, sondern daß auch andere, wenn die dringendsten Feldarbeiten gethan sind, mit Zurücklassung ihrer Familie auf kürzere oder längere Zeit dorthin übersiedeln. — Die ärmeren Bewohner der Bönninghard erwerben sich durch Verfertigung von Haidebesen, welche sie auf Schiebkarren bis nach Crefeld und selbst nach Düsseldorf transportiren, einigen Nebenverdienst.

Die Zahl der Fabrikarbeiter ist, wie aus dem zwölften Abschnitt hervorgeht, eine geringe. In der Baumwollenspinnerei zu Moers verdienen bei voller Arbeit jugendliche Arbeiter 3–5 Sgr., erwachsene weibliche 6–8 Sgr., männliche 8–12 Sgr. täglich. In den Cigarrenfabriken zu Orsoy verdienen jugendliche Arbeiter 15–20 Sgr., erwachsene Cigarrenarbeiter 21/2 und wenn sie besonders schnell sind, 3 Thlr. wöchentlich.

Die Lage der Weber ist, so lange die Fabriken gut gehen, eine ziemlich günstige, sie werden pro Stück bezahlt und können, wenn sie vollauf Arbeit haben, 10–15 Sgr., Seidenweber bis zu einem Thlr. und mehr verdienen. Viele betreiben das Weben im Winter als Nebengeschäft, indem sie außerdem kleine Ackerwirthschaften besitzen, und können dann arbeitslose Zeiten leichter überdauern.

Andere kleine Handwerker auf dem Lande haben ein wenn auch weniger Schwankungen ausgesetztes, doch nur mäßiges Verdienst. Die Schneider arbeiten in der Regel in den Häusern ihrer Kunden und erhalten neben freier Kost 5–6 Sgr. täglich. Schuster und Sattler werden weniger allgemein in die Häuser genommen. Viele dieser Handwerker besitzen etwas Land, halten eine Kuh oder eine Ziege, und haben dann ihr genügendes Auskommen. Die Gesellen der Schuster und Schneider erhalten, namentlich auch in den Städten, Stücklohn, von welchem ein Theil für Beköstigung abgezogen wird.

Im Allgemeinen sind demnach die Verhältnisse der arbeitenden Klassen hier nicht ungünstig, und nur wenn Stockungen im Fabrikbetriebe eintreten, wie es gegenwärtig in Folge des Amerikanischen Krieges der Fall ist, macht sich – doch auch nur auf einzelne Theile des Kreises beschränkt – Arbeitslosigkeit mit ihren nachtheiligen Folgen geltend.

Unter den Anstalten, welche zum Schutze gegen die Verarmung errichtet sind, nehmen die Sparkassen die ersten Stelle ein. Es bestehen deren vier im hiesigen Kreise, nämlich zu Moers, Xanten, Capellen und Friemersheim. Sie sind von den gleichnamigen Bürgermeistereien (die erstgenannte von Moers Stadt und Land gemeinsam) gegründet und haben den Zweck, den Bewohnern der Umgegend, insbesondere den Dienstboten, Fabrikarbeitern, Tagelöhnern und Handwerkern Gelegenheit zur sichern Unterbringung ihrer Ersparnisse zu geben und dadurch den Sparsinn zu befördern. Zu Ende des Jahres 1861 betrugen die Einlagen in allen vier Sparkassen zusammen 50469 Thlr. Bestände diese Summe lediglich aus Ersparnissen der eben angeführten Berufsklassen, so würde man zugeben müssen, daß die Sparkassen ihren Zweck bereits in ausgedehntem Maaße erfüllten. Allein dem ist nicht so. Leider wird bei Einreichung der jährlichen Übersichten noch immer nicht eine Classificirung der Einleger nach Berufsklassen verlangt, so daß etwas Genaues in dieser Beziehung nicht angegeben werden kann. Die nachstehend zusammengestellte Classificirung der Quittungsbücher nach der Höhe der Einlagen kann diesen Mangel nicht ersetzen.