geben. Ihr Freund hatte an den Schluss seines Aufsatzes die Notburgasage, wie sie im Odenwalde fortlebt (vgl. Grimms deutsche Sagen 3. Aufl. 1, 266. 231), gestellt, folgender Massen: „[Hinter Neckarzimmern, stromabwärts] auf der linken Seite finden sich schroffe, hie und da gespaltene Kalkfelsen, welche mitunter kleine Vertiefungen, umschattet vom schützenden Buschwerk darbieten. Eine kleine heilige Höhle, einst das Asyl der Königstochter Notburga, fesselt jetzt die Aufmerksamkeit des Wanderers am Gestade. Ihr Vater, der Franken König Dagobert, welcher auf Hornberg einige Zeit weilte, hatte sie einem Prinzen der ungläubigen Wenden verlobt; aber die sanfte Notburga zitterte vor dem rauhen heidnischen Krieger, fand keinen Geschmack an der Konvenienz-Heirath und wollte der Politik des Vaters nicht opfern ihren Glauben und ihre Freiheit. Drohend wurde der Vater, und dringend der verhasste Bräutigam. Am Tage, der Vermählung bestimmt, entrann sie den trunkenen Wächtern, und o Wunder! verfolgt, irrend am Ufer des Stroms, findet ihr spähendes Auge die rettende Fuhrt durch den Fluss; ihre Verfolger bedeckt die schnell herströmende Fluth, und die freundliche Höhle gewährt ein sicheres Obdach. Wilden Hastes jagen die Franken und Wenden die beiden Ufer des Flusses entlang, keiner findet den Ort, der die Gerettete birgt. Wundervoller noch ist ihre Erhaltung; eine furchtbare Schlange, die frühere Herrscherin der Höhle, bringt ihr das nöthige Brod, Kräuter und Wurzeln herbei. – Bald entflieht der entfesselte Geist in des Paradieses winkende Freuden. Leuchtende Flammen bezeichnen im nächtlichen Dunkel den Ort, wo der heilige Leichnam ruht. In schmerzlicher Wonne findet man ihn und erkennt die Tochter des Königs, und der heilige Glaube wählt’ zur Schutzgöttin sie! Um den schicklichen Ort zu ihrem Begräbniss zu finden, sucht man ein tüchtiges Paar Stiere, des Jochs nicht gewohnt. Neu war der Wagen, auf dem der Leichnam zum Ruheplatze geführt wird; freiwillig halten sie dort, wo jetzt die Kirche emporsteigt, welche den heiligen Leichnam umschliesst. Wunder geschehen über Wunder, und der Lieblingsritter des Königs schützt die Kirch’ und das werdende Dorf, der Vater der Horneck. Und der König schlägt an die Brust, suchte Gott zu versöhnen, und schenkte Hornberg die Burg, und das liebliche Thal an den Bischof von Speyer, zur Sühne der grässlichen Unthat, und so ist sie noch jetzt ein Lehen von Speyer und Baden.“ Hier setzte also, auch ihrerseits mit stärkerer Betonung der Notburgasagen, die Frau Pattberg ein: unten S. 98. Sie liess es sich von jetzt ab angelegen sein, alles Mündliche und Urkundliche über Notburga zu sammeln und lieferte der
Reinhold Steig: Frau Auguste Pattberg geb. von Kettner. Koester, Heidelberg 1896, Seite 78. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Steig_Frau_Auguste_Pattberg.djvu/17&oldid=- (Version vom 1.8.2018)