Reinhold Steig: Über Grimms „Deutsche Sagen“. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen | |
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In den Heidelberger Jahrbüchern 1819 Mai steht eine recht vortheilhafte Rezension von den Sagen, die vielleicht einige Wirkung thut. Ohne Zweifel ist Ihnen solche schon zu Gesicht gekommen.
Ew. Wohlgeboren Antwort entgegensehend unterzeichne ich mit wahrer Hochachtung Ew. Wohlgeboren ergebne
Damit bricht jede Verhandlung über die Sagen zwischen dem Verleger und den Autoren ab. Der Verleger muß keinerlei Lust zu weiterer Übernahme bezeigt haben, und so ist alles, was die Brüder auf diesem Gebiete noch planten, ins Stocken geraten.
Dasjenige Werk aber, das einen guten Teil des nachgesammelten Sagenmaterials in sich aufgenommen hat, ja das in gewissem Sinne das beabsichtigte Buch über die Sagen, ihren Wert, ihre Bedeutung zu ersetzen vermag, ist: Die deutsche Mythologie. Alter, Ursprünglichkeit und Zusammenhang der deutschen und der nordischen Mythologie – denn um die beiden handelt es sich – beruhen auf dem deutlichen Niederschlag der Göttermythen in einzelne, heutzutage noch lebende Volkssagen und andere Redensarten. Z. B. die Zwergensage kennt fast überall einen König. Zwei ausführliche Wichtelsagen werden mitgeteilt, eine westfälische Sage. Hütchens Rennpfad und Heinze, Heinzelmann, Polterkater, Katermann drücken Schnelligkeit und Fußausstattung aus. Riesensagen finden sich vom Harz und aus dem Odenwald, der starke Hans und der schmiedende Siegfried mengt sich mit entgegengesetzten Helden usf. Die ganze Mythologie ist mit Anklängen an die deutschen Sagen, alten und neuen, durchzogen.
Reinhold Steig: Über Grimms „Deutsche Sagen“. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen. Georg Westermann, Braunschweig und Berlin 1916, Seite 68. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Steig_Ueber_Grimms_Deutsche_Sagen.djvu/22&oldid=- (Version vom 1.8.2018)