Reinhold Steig: Über Grimms „Deutsche Sagen“. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen | |
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von Münchhausen „Kleine Reisen oder Wallfahrten ins Heidenland und zu den Trümmern der Vorwelt“ bildeten die Brüder Grimm (Nr. 47 S. 186) folgende Stelle zu ihrer Sage „Hessental“ um.
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Nach dem gesellschaftlich verzehrten Mittagsmahl besuchten wir die Trümmer der alten Schelln-Pyrmont, der Sage nach ein gewesener Wohnsitz der Thusnelda. – – – Thusnelda habe, so sagt die Legende, einen Vogel gehabt, der reden konnte. Dieser Vogel sey frei umher geflogen und stets wieder zu seiner Herrschaft zurück gekommen. Eines Tages sey er aus dem Hessenthale – einem Waldgrunde am Burgberge – herauf gekommen, und habe beständig gerufen: „Hessenthal blank! Hessenthal blank!“ Man habe zugesehen, eine Cohorte Römer sey schon bis in das Hessenthal vorgedrungen gewesen und hätte beinahe das Thor erreicht gehabt, um die Burg Thusneldens zu überfallen. Schnelle Rüstung zur Gegenwehr und der eiserne Muth der Deutschen habe den Angriff abgeschlagen. So sey Thusnelde und ihre Burg durch den plaudernden Vogel gerettet worden. | Die alte Burg Schellenpyrmont liegt nun in Trümmern, da soll der Sage nach vormals Thusneldens Sitz gewesen sein. Thusnelde hatte einen Vogel, der reden konnte. Eines Tages kam er aus dem Hessenthal, einem Waldgrunde am Burgberg, herauf und schrie in einem fort: „Hessenthal blank! Hessenthal blank!“ damit die in dies Thal vorgedrungenen Römer in ihren blanken Rüstungen anzudeuten, und die Deutschen gewannen nun Zeit, sich gegen den Ueberfall des Feindes zu rüsten. |
Nr. 112 (Der Ochsenberg) und Nr. 111 (Arendsee). Sehr lehrreich für die Art, wie die Brüder Grimm ihren gedruckten Vorlagen das rein Sagenhafte entnahmen und neu formten, sind die Quellstellen beider Sagen aus Prätorius’ „neuer Weltbeschreibung von allerley Wunderbaren Menschen“ (Magdeburg 1666). Daselbst heißt es (1, 95): „im Stifft Magdeburg, nit weit von Erxleben, noch zur Alten Marck gehörige Refier, da liegt ein grosses wacker lustiges Dorff, mit Nahmen Urschleben, (wovon auch das alte verfallene Schloß Alvenschleben nicht weit liegt,) wo meine sel. Mutter bürtig her ist: welche mir in der Jugend etliche mahl dieses vor zu sagen wuste, von der grossen See, so hinter dem Dorffe, etwan ein Büchsenschuß davon ist, mit Nahmen Brock; wie daselbsten vor Zeiten solle ein schönes Schloß gestanden seyn, welches hernach untergangen were, und hette davor das grosse Wasser aufkommen lassen. Nemlich es sollen alle Leute drinnen damit versunken seyn, ausgenommen eine Edel-Jungfer, die im Traum kurtz vorher gewarnet, sich, wie vorweilen Europa, auf einen Ochsen gesetzet (nachdeme das übrige Vieh und die Hüner sonderlich, sehr traurige Zeichen eines sehr grossen bevorstehenden
Reinhold Steig: Über Grimms „Deutsche Sagen“. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen. Georg Westermann, Braunschweig und Berlin 1916, Seite 230. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Steig_Ueber_Grimms_Deutsche_Sagen.djvu/28&oldid=- (Version vom 1.8.2018)