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Reinhold Steig: Über Grimms „Deutsche Sagen“. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen

„Münch“, dann aber abweichend viermal die Form „Mönch“: Grimms wollten also zur gewöhnlichen Form des Wortes übergehen, nur aus Versehen blieb die ältere einmal stehen; ich habe daher auch das erstemal „Mönch“ (für „Münch“) gesetzt.

Nr. 205 (Des Teufels Hut). Das Taschenbuch für das Jahr 1816. Der Liebe und Freundschaft gewidmet, S. 287. hat:

Der große Stein.
Volkssage.

Es liegt ein großer Stein,
Der wohl so schwer kann seyn,
Daß hundert Pferd’ ihn nicht vom Platz bewegen;
Und wem daran gelegen,
Der Sache auf den Grund zu kommen,
Dem dien’ zu Nutz und Frommen:
Er liegt bei einem Dorf, das Ehrenberg[1] genannt,
Wie jeder weiß, der dort herum bekannt.

Von diesem Steine thut man sagen,
Daß sich, in grauer Vorwelt Tagen,
Mit ihm der böse Feind ergötzt,
Und ihn als Spielwerk auf den Kopf gesetzt.
Er trug ihn leicht, wie einen Sommerhut,
Und ging umher mit kühnem Frevelmuth.

„Wer kann, spricht er, gleich mir den schweren Stein bezwingen?
Selbst ihm, der ihn gemacht, wird’s nicht so leicht gelingen;
Er läßt ihn ruhen, wo er ruht,
Obwohl er groß mit seiner Stärke thut.“

Da tritt zu ihm, in lichter Strahlen Schein,
Der Höllenbrut Bezwinger,
Und steckt den schweren Stein
Sich an den kleinen Finger. –
Geblendet und beschämt entweicht der Feind zur Hölle,
Und nimmer sieht man ihn hinfort an dieser Stelle. –
Doch heut’ges Tags noch schaut man klar,
Wo einst der Kopf des Teufels war,
Und unsers Herrgotts Finger.

Henriette Schubert.     

Aus diesem Gedicht machten die Brüder Grimm die Sage: „Des Teufels Hut. Nicht weit von Altenburg bei dem Dorfe Ehrenberg liegt ein mächtiger Stein, so groß und schwer, daß ihn hundert Pferde nicht fortziehen würden. Vorzeiten trieb der Teufel sein Spiel damit, indem er ihn auf den Kopf sich legte, damit herumging und ihn als einen Hut trug. Einmal sprach er mit Stolz und Hochmut: „Wer kann wie ich diesen Stein tragen? selbst der ihn erschaffen, vermag’s nicht und läßt ihn liegen, wo er liegt!“ Da erschien Christus der Herr, nahm den Stein, steckte ihn an seinen kleinen Finger und trug ihn daran. Beschämt und


  1. Ein Dorf in der Nähe von Altenburg.
Empfohlene Zitierweise:
Reinhold Steig: Über Grimms „Deutsche Sagen“. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen. Georg Westermann, Braunschweig und Berlin 1916, Seite 235. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Steig_Ueber_Grimms_Deutsche_Sagen.djvu/33&oldid=- (Version vom 1.8.2018)