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Reinhold Steig: Über Grimms „Deutsche Sagen“. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen

dem Berge, wahrscheinlich nach lang anhaltendem Regen auf den Gebürgen … Hinter dem Schlosse steht noch ein ausgehöhlter Felsen, welchen man die Scheuer (Scheune) nennt.“

In 20 vierzeiligen Strophen folgt nun, also in 80 Zeilen, die ödeste Schilderung der Sage, die Grimms in 16 Prosazeilen (nach der 4. Auflage) abmachten, indem sie gleichsam nach Stichworten in dem Gedichte die echte sagenhafte Erzählung wiederherstellten, ein auch sonst beobachtetes Verfahren. Daß der Einlieferer und Dichter nun gerade Jakob Grimmer hieß, mag für Jacob Grimm und seine Brüder noch ein besonderer Nebenspaß gewesen sein.

Bei Grimms war und blieb der Eingang der Sage verdorben; er hieß nämlich: „Auf einem Felsen des Alb bei Heuberg … liegen Trümmer der Burg Rosenstein, und unlängst sah man da die Spur eines schönen menschlichen Fußes“ usw. Da, wie Jakob Grimmer, auch Prätorius in seiner Weltbeschreibung den Ortsnamen Heubach bietet, war danach bei Grimms mit Gewißheit Heuberg zu ändern, ebenso auch verschriebenes oder verdrucktes „des Alb“ in „der Alb“ (d. h. der Schwäbischen Alb) zu bessern. Dann aber auch schien ratsam, da es bei Grimmer „die Ruinen“ heißt, bei Grimms auch „die Trümmer“ herzustellen, wie gleich darauf „die Spur“ es zu verlangen scheint; wobei zu bemerken ist, daß die Ersetzung von „Ruinen“ durch „Trümmer“ wieder unter dem Einfluß der puristischen Zeitbestrebungen erfolgt ist.

Nr. 191 (Das Teufelsohrkissen). Die Brüder zitieren als Quelle „Morgenblatt 1811, Nr. 208, S. 830“. Daselbst steht ein längerer Aufsatz über „Schloß Bentheim“, von K. A. Varnhagen, den die jungen Grimms nicht mochten. Sie haben eine kurze Stelle als Sage aus dem Aufsatz herausgeschält.

Varnhagen: Grimms:
Westwärts stehen dicht am Fuße des Schlosses einige sonderbare glattgeschwemmte Felsen abgesondert da, die von ungeheurer Wasserfluth zeugen, durch die sie während undenklichen Zeiten sind gespült worden. Einer derselben, oben flach wie ein aufrechtstehender runder Pfühl, wird das Ohrkissen des Teufels genannt, der einmal, der Sage nach, darauf geschlafen hat, und von dem man die Spuren seines eingedrückten Ohrs in einigen auf dem Steine verzeichneten Linien noch erkennen will. (Folgt rationalistische Betrachtung über das Aussterben der Sagen.) Am Fuße des Schlosses Bentheim stehen einige sonderbare, glatte Felsen. Einer derselben, oben flach, wie ein aufrechtstehender runder Pfühl, wird Teufelsohrkissen genannt, weil der Teufel einmal drauf geschlafen habe. Die Spuren seines Ohrs drückten sich in den Stein und sind noch sichtbar darauf.

Die Sage Nr. 203 (Der Turm zu Schartfeld) bietet übereinstimmend mit Letzners Dasselischer Chronik einmal die Form

Empfohlene Zitierweise:
Reinhold Steig: Über Grimms „Deutsche Sagen“. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen. Georg Westermann, Braunschweig und Berlin 1916, Seite 234. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Steig_Ueber_Grimms_Deutsche_Sagen.djvu/32&oldid=- (Version vom 1.8.2018)