Jonathan Swift, übersetzt von Johann Heinrich Waser: Mährgen von der Tonne | |
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Ich muß noch eines Kunststükes von Lord Peter gedenken, welches ganz ausserordentlich war, und aus dem man besonders abnehmen kann, welch grosse Fähigkeit er besaß, und wie stark seine Erfindungskraft gewesen. So oft nemlich ein Schelm zu Newgate[WS 1] zum Tod verurtheilet war, und gehangen werden sollte, bot ihm Lord Peter für eine gewisse Summe Geldes einen [1] Pardon an; und wenn denn der arme Teufel mit Mühe und Noth so viel Geld zusammen brachte und überschikte, so bekam er von Sr. Herrlichkeit ein Stük Papier folgenden Innhalts zurük:
Allen Befehlshabern, Landvögten, Richtern, Kerkermeistern und Scharfrichtern etc. Nachdem wir vernohmen haben, daß N. N. sich unter euern oder der eurigen Händen befindet, und von euch respective zum Tod verdammet worden, als wollen und befehlen wir euch hiemit, daß ihr Angesichts dessen, besagten Gefangenen mit Frieden wiederum heim in sein Haus kehren lasset. Er mag nun wegen Mords, Sodomiterey, Strassen- oder Kirchenraubes, Blutschand, Verrätherey, Gotteslästerung, oder anderer Uebelthaten wegen verurtheilet seyn; wofür euch gegenwärtiges zu Vorweisung einer erforderlichen Vollmacht genung seyn mag. Und so ihr diesem unserm Befehl nicht gehorsamst nachlebet, so strafe GOtt euch und alle die eurigen in alle Ewigkeit! Gehabt euch wol.
Knecht aller Knechte.
- ↑ Die Absolution in articulo mortis; und die Römische Kanzeley-Taxe, nach welcher auch die gröbsten Bubenstüke um gar billigen Preis angesezet sind.
- ↑ Londoner Gefängnis: Newgate-Gefängnis
Jonathan Swift, übersetzt von Johann Heinrich Waser: Mährgen von der Tonne. [recte: Orell in Zürich], Hamburg und Leipzig 1758, Seite 133. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Swift-Maehrgen_von_der_Tonne-1758.djvu/148&oldid=- (Version vom 1.8.2018)