Jonathan Swift, übersetzt von Johann Heinrich Waser: Mährgen von der Tonne | |
|
Und was das Gleichniß von den Speisen angehet, so nehmen sie es zwar an, sind aber so dreiste zu behaupten, daß das Exempel selbst von einem verderbten und ausgearteten Geschmak herrühre. Sie sagen, daß die Gewohnheit, wol fünfzigerley Speisen in ein Gericht zusammen zu mischen, nur dem verschwelgeten Appetit, und einer schwächlichen Leibesbeschaffenheit zu gefallen, eingeführet worden, und wenn man daher sähe, daß einer in einer Schüssel von allerley Fleisch, nach dem Kopf und Gehirn einer Gans, einer Henne, oder eines Schnepfen herumfischet, so sey dieses ein gewisses Zeichen, daß er keinen guten Magen habe, und stärkere Speisen nicht vertragen möge. Ferner behaupten sie, daß Ausschweifungen in einem Buch fremden Truppen in einem Staat gleich seyen, welche Anlas geben zu vermuthen, die Nation habe selbst nicht viel Herz und Macht, und solche öfters entweder unter das Joch bringen oder im die wildesten Gegenden des Landes vertreiben.
Jedoch es mögen diese hochmüthigen Tadler einwenden was sie immer wollen, so ist offenbar, daß die Anzal der Scribenten bald gar zu sehr abnehmen würde, wenn sie sich die fatale Einschränkung müßten gefallen lassen, in ihren Büchern nichts anders vorzubringen, als was zum Zwek dienet. Es ist wahr, wenn die Umstände heut zu Tage noch wären, wie bey den alten Griechen und Römern, da die Gelehrsamkeit noch in der Wiege lag, und durch die Erfindung mußte aufgerichtet, ernehret und gekleidet werden, so
Jonathan Swift, übersetzt von Johann Heinrich Waser: Mährgen von der Tonne. [recte: Orell in Zürich], Hamburg und Leipzig 1758, Seite 171. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Swift-Maehrgen_von_der_Tonne-1758.djvu/188&oldid=- (Version vom 1.8.2018)