Jonathan Swift, übersetzt von Johann Heinrich Waser: Mährgen von der Tonne | |
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aus ihren Werken beurtheilen soll, so könne man sich über ihre Pralereyen, des Lachens kaum enthalten. Führet immer Gebäude mit noch so viel Kunst und Ordnung auf; wenn ihr die Materialien dazu aus euerm eigenen Leibern; ich meyne aus den Eingeweiden eurer Neuern Gehirn heraus spinnet, so werden zulezt doch lauter Spinneweben daraus werden: Und dauern sie ja einige Zeit, so kömmt dieß Glük wie bey andern Spinne-Geweben einzig daher, weil man ihr entweder vergißt oder sich nicht um sie bekümmert, oder weil sie in einem finstern Winkel von niemanden wahrgenommen werden: Sonst weiß ich einmal nichts, darauf ihr Herren Neuern mit Grund, als auf das eurige, Anspruch machen könntet: Ausgenommen, noch ein ganz besonderes Talent zu zanken und zu schimpfen: Etwas, das seiner Natur und Wesen nach mit dem Gift der Spinnen gar sehr überein kömmt; und welches auch, wie bey diesen, ungeachtet alles Rühmens daß sie es gänzlich aus sich selbst heraus spinnen, durch die Nahrung welche ihr aus dem Ungeziefer und Gewürme dieser unserer Zeit ziehet, gar sehr unterhalten und vermehret wird.
Was uns Alten anlanget, so lassen wir uns mit der Biene begnügen, nichts für unser eigenes auszugeben, als unsere Flügel, und unsere Stimme; das will sagen, unsern Flug, und unsere Sprache. Das übrige alles, haben wir durch unsäglichen Fleiß, durch unermüdetes Nachforschen und sorgfältiges Durchsuchen aller Winkel der Natur erworben. Der Unterscheid ist nur dieser: Daß wir statt Giftes und Unflats, unsere Stöke lieber mit Honig und Wachs gefüllet haben, und dadurch den Menschen die zwey vortreflichsten Dinge schenken, Süssigkeit nemlich, und Licht.
Jonathan Swift, übersetzt von Johann Heinrich Waser: Mährgen von der Tonne. [recte: Orell in Zürich], Hamburg und Leipzig 1758, Seite 287. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Swift-Maehrgen_von_der_Tonne-1758.djvu/306&oldid=- (Version vom 1.8.2018)