Jonathan Swift, übersetzt von Johann Heinrich Waser: Mährgen von der Tonne | |
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von der Wahl und der Cadenz der Sylben ab: Eben wie etwan ein grosser Componist genöthiget ist, die Worte und ihre Ordnung so lange zu verändern und zu versezen, bis ein ganz dummes Zeug daraus wird, ehe er sie zu Music machen kann. Und deswegen haben auch einige dafür gehalten, daß die Kunst Jargon zu sprechen, sich niemals in grösserer Vollkommenheit befinde, als wenn sie die Unwissenheit zur Anführerin hat: welches auch Plutarch wie man glaubt, unter einem Bild zu verstehen giebt, wenn er schreibt, daß die besten musicalischen Instrumente von Eselsbeinen gemacht würden; wobey die grösten Critici behaupten wollen, daß das Wort eigentlich den Kinnbaken bedeute, wiewol andere lieber glauben, Plutarch habe das Os sacrum darunter verstanden. Ich will mich aber nicht unterfangen, einen so kizlichten Punkt auszumachen, sondern dem geneigten Leser überlassen, hierinn seinem eigenen Geschmak zu folgen.
Das vornehmste Ingrediens zu der Sprache der Begeisterung, ist eine zulängliche Dosis vom innerlichen Licht; das ist, ein gutes, mit theologischen vielsilbichten Worten, und dunkeln Schriftstellen wol angefülltes Gedächtniß, die man nach der Methode und vermittelst derjenigen mechanischen Operation, welche ich oben angeführt habe, wol digeriren und zueignen muß. Die, welche dieses Licht haben, gleichen den papiernen Laternen, welche ehedem von der alten Genever-Bibel gemacht, und von dem Lord-Maire, Sir
Jonathan Swift, übersetzt von Johann Heinrich Waser: Mährgen von der Tonne. [recte: Orell in Zürich], Hamburg und Leipzig 1758, Seite 339. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Swift-Maehrgen_von_der_Tonne-1758.djvu/358&oldid=- (Version vom 1.8.2018)