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1876 pachtete eine zu dem Zweck ins Leben getretene „Saalbaugesellschaft“ Reitbahn und Stall; erstere baute sie in einen Konzertsaal um, den Stall in eine Restauration. Während des Neubaues der Universität diente der Saal zugleich als interimistische Aula, sowie die 1732 anstossend errichtete Stallmeisterwohnung als Kollegienhaus, danach letztere vorübergehend als Landratsamt. Jetzt wird die ehemalige Reitbahn als akademischer Turnsaal benutzt, im Stallmeisterhaus aber ist die Sammlung der Gypsabgüsse untergebracht; das Nebenhaus dient als Pedellenwohnung[1].

Die Sammlung der Abgüsse.

Das kleine Marburg darf sich an Baudenkmälern reich nennen, aber arm ist es an aller übrigen Kunst, an Skulpturen und Malerei; der Wunsch, dergleichen hier geniessen zu können, war jedoch lange rege. Insbesondere fehlte jede Anschauung antiker Kunst. Nun hatte sich auch in Marburg die Sitte populär wissenschaftlicher Abendvorträge vor gemischtem Publikum eingebürgert; Kurt Wachsmuth aber, Rubino’s Nachfolger in der Professur für alte Philologie und Geschichte, regte 1866 an, die Erträge jener Vorlesungen auf Zinsen anzulegen, um auf diesem Wege allmählich einen Fonds zur Begründung der ersehnten Sammlung von Gypsabgüssen nach Antiken heranzubilden. Die Verwaltung, welche in der Hand Otto Hartwigs lag, ging 1876 an den Unterzeichneten über. Von den aufgesammelten Geldern, rund 8300 Mark[2], wurde in den Jahren 1876 bis 1881 ein Bruchtheil für den um dieselbe Zeit

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Ein Pedell ist eine organisatorische Hilfskraft an Universitäten.
  2. Wenn Vergleiche zur heute üblichen Kaufkraft in Euro oder US-Dollar schwierig sind, so bedeuteten 8300 Mark sehr viel Geld und Kaufkraft, welche in die Anschaffung von Gipsabgüssen oder antiken Kunstgegenständen investiert werden konnte. Das statistische Bundesamt hat berechnet, dass der Wert und die Kaufkraft von einer Reichsmark, bzw. umgangssprachlich Goldmark, im Zeitraum 1871–1900 ungefähr zwischen 6,40 € und 6,70 € liegt, s. Währungsgeschichte.
Empfohlene Zitierweise:
Ludwig von Sybel: Gypsabgüsse Marburg. N. G. Elwert, Marburg 1903, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Sybel-gypse-1.pdf/8&oldid=- (Version vom 10.6.2023)