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Amt zu übernehmen, ist ein großes Wagnis. Das hat er geltend gemacht und manches andere, was ihn an der Freudigkeit hindern könne. Aber die Herren haben seine Bedenken zurückgewiesen, und einer hat gesagt: „Gestern hat man Dir aber nichts angemerkt in Gunzenhausen.“ Da hat er nämlich über Luther und Calvin geredet. Herr Pfarrer Brennhäuser sagte, ob das dem Herrn Stadtpfarrer nichts wäre, daß er in eine solche Gebetsgemeinschaft komme. In Erlangen, sagte dann Herr Stadtpfarrer, hätten wohl die Schwestern für ihn gebetet und so etliche, aber es sei doch nicht eine wirkliche Gebetsgemeinschaft gewesen. Herr Rektor: Ich weiß doch, wie Du Dich gesehnt hast nach so einem einheitlichen, von der Liebe Christi getragenen Werke; jetzt gibt Dir’s Gott in der Reife Deines Lebens; warum willst Du nicht zugreifen?“

 Im Laufe der Verhandlungen ist den Herren, Herrn Rektor zuerst, der Gedanke gekommen: Wenn wir doch diese Versammlung, die den Charakter einer Vorberatung haben sollte, gleich zu einem Wahlkollegium gestalten könnten! Dann würde die Sache nicht hinausgeschoben, und die Helfer müßten nicht noch einmal bemüht werden. Die Herren waren ja alle einig. Herr Rektor Meyer war ein abgesagter Feind der Abstimmungen. „Vor Gott soll man einig sein über solch eine Frage“, sagte er. So ist das Wort gefallen: „Wir könnten doch per Akklamation den Nachfolger erwählen.“ Dann ist an mich die Frage gerichtet worden, ob ich mir getraute, die Stimme der Schwesternschaft hier schon zu vertreten. Da hat zuerst Herr Rektor gemeint, daß man doch mit etlichen Schwestern beraten solle, und ich habe gesagt: „Ich bitte alle eingesegneten Schwestern zusammen und will ihnen die Sache vorlegen.“ Das wußte ich, daß gegen Herrn Stadtpfarrer Eichhorn Bedenken in der Schwesternschaft nicht sind. Er ist schon mehrfach von den Schwestern genannt worden; ich habe auch an ihn gedacht, aber sein vorgeschrittenes Alter erschien mir wie ein Hindernis. Nun ist Herr Rektor mit Herrn Pfarrer und mir zu einer Sonderbesprechung in mein Zimmer gekommen, und ich habe zugestimmt, es wäre das Einfachste und für die gegenwärtige Lage das Beste, wenn ein solcher Herr erwählt würde.

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Therese Stählin: Auf daß sie alle eins seien. Verlag der Diakonissenanstalt, Neuendettelsau 1958, Seite 182. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Therese_St%C3%A4hlin_-_Auf_da%C3%9F_sie_alle_eins_seien.pdf/184&oldid=- (Version vom 24.10.2016)